nd-aktuell.de / 13.11.2002 / Wirtschaft und Umwelt

Spontanes Reisen teurer?

Joachim Kießling

Joachim Kießling ist Leiter Vertrieb/Marketing Ost der Reise & Touristik AG, der Fernverkehrstochter der Deutschen Bahn (DB) AG.

ND: Läuft beim ab Mitte Dezember geltenden neue Fahrpreissystem der Deutschen Bahn (DB) ohne Vorplanen nichts mehr?
Kießling: Zunächst einmal: Jeder kann spontan in den Zug steigen. Eine Pflicht zur Vorbuchung besteht nicht. Allerdings muss er den Normalpreis bezahlen, mit der Bahn-Card erhält er 25 Prozent Ermäßigung.

Bisher gab es schon mit der BahnCard allein 50 Prozent Ermäßigung.
Die gibt es immer noch, wenn man mit der bisherigen Bahn-Card reist, diese kann auch noch bis zum 14.Dezember gekauft werden und gilt ein Jahr. Weitere Ermäßigungen nach »Plan&Spar« sind nur mit der neuen Bahn-Card möglich.

Mit nur 25 Prozent Ermäßigung...
...auf den Normalpreis und auf die »Plan&Spar-Preise«, zum Beispiel 10 Prozent beim Kauf des Fahrausweises mindestens einen Tag vor Reiseantritt, 25 Prozent bei drei Tagen Vorverkauf, 40Prozent mindestens sieben Tage vor Reiseantritt. 25 und 40 Prozent Ermäßigung werden aber nur für die Hin- und Rückfahrt gewährt, bei 40 Prozent muss eine Nacht von Sonnabend zu Sonntag zwischen Hin- und Rückfahrt liegen.

Aber nicht jeder wird mit der DB billiger als bisher reisen. Wer verliert denn?
Wer spontan zum Zug geht. Denn der erhält mit der Bahn-Card nur 25 Prozent Ermäßigung auf den Normalpreis. Der Sinn der zuggebundenen Rabattierung ist doch, dass wir die Reiseströme auf freie Kapazitäten und nicht auf ohnehin stark besetzte Züge lenken. Wir gehen davon aus, dass die Kunden nach dem günstigsten Angebot suchen - eben dort, wo wir noch Kontingente haben.

Wer an eine Reisezeit gebunden ist, muss den Normalpreis akzeptieren?
Unter Umständen ja. Wir halten in jedem Fernzug mindestens 10 Prozent »Plan&Spar-Preise« vor, an einigen Tagen sogar bis zu 70 Prozent.

Verlierer sind doch auch die Fahrgäste im Nahverkehr.
Wieso? Dort ändert sich nichts.

Nein, die BahnCard ermäßigt den Normalpreis nur noch um 25 Prozent. Von Cottbus nach Leipzig - einer Strecke ohne Fernverkehrsangebot - kostet die Fahrt mit BahnCard jetzt 10,50 Euro. 15,75 Euro werden es mit neuer Bahn-Card sein.
Das stimmt, aber die Sonderangebote, wie das Schöne-Wochenende-Ticket und die Ländertickets bleiben. Im Fernverkehr sind aus Gründen der Übersichtlichkeit das Twen-Ticket, das Gute-Abend-Ticket und die Sparpreise entfallen. Wir setzen auf »Plan&Spar« und auf günstige Fahrpreise, wenn Familien reisen. Die kommen jetzt besonders gut weg.

Die Zugbindung bei »Plan&Spar« sichert aber noch nicht einen Sitzplatz.
Das ist nur mit Platzreservierung möglich, 2,60 Euro pro Person und Richtung einschließlich einer Anschluss-Reservierung, höchstens für zwei Züge insgesamt.

Muss man unbedingt im Reisezentrum buchen? Da wird es zu langen Wartezeiten kommen.
Bereits jetzt haben wir 200 Fernverkehrsautomaten auf das neue Preissystem umgestellt, die restlichen Automaten folgen. Vom 1.Dezember an steht das Internet zum Buchen bereit. Gegen eine Gebühr von 2,50 Euro schicken wir die Fahrscheine zu, wenn sie beim Reise-Service unter der gebührenpflichtigen Nummer 11861 bestellt wurden. Im Zug werden keine Ermäßigungen gewährt. Dort gilt der Normalpreis mit dem BahnCard-Rabatt zuzüglich zwei bis zehn Euro Bordpreis. Wir haben die Anlaufprobleme vom ersten Vorverkaufstag nach 30 Minuten behoben. Immerhin ist die Umstellung der Systeme eines der größten IT-Projekte in Deutschland.

Fragen: Erich Preuß