nd-aktuell.de / 01.02.1991 / Politik / Seite 5

Auch der Bischof sagt Nein

ANDREA STÄRITZ, New York

An den Universitäten der USA gärt es. Bereits im Vorjahr hatte sich mit der Erhöhung der Studiengebühren Widerstand gegen die Regierung gebildet. Und nun sind Studentinnen und Schülerinnen auch noch von der „Draft“, der ^wangsrekrutierung, bedroht. Ann Wilson, Sprecherin für die Koalition der Columbia Universität gegen den Golfkrieg: „Natürlich unterstützen wir die Truppen – wir wollen, daß sie heimkommen. Bush liegt falsch, wenn er sagt, daß wir gegen Amerika sind. Frieden ist patriotisch. Wir wollen nicht, daß Tausende von Menschen sterben. Durch die Zensur erfahren wir nicht, was wirklich passiert.“

Auf einen anderen Aspekt machten jetzt der linke Politologe Dr. Archie Singham, Sandra Sheohard von der afro-amerikanischen Zeitung „Amsterdam News“ und Mitglieder der besonders aktiven „Schwarzen (Vietnam)Veteranen für soziale Gerechtigkeit“ auf einer Pressekonferenz aufmerksam. „Schwarze, Latinos und Asiaten werden am meisten unter dem Krieg leiden. Unsere Kinder hatten keine andere Möglichkeit, als zur

Armee zu gehen.“ Sie machen über 40 Prozent der Truppen am Golf aus. Je tiefer der Rang, desto größer der Anteil Farbiger und von Frauen. Bei den Bodentruppen bestehen manche Einheiten zu mehr als 50 Prozent aus Angehörigen von Minderheiten, in der Gesamtbevölkerung stellen sie weniger als 20.

Auch bei vielen Gläubigen regt sich Protest. Es gibt gemeinsame Friedensgottesdienste aller Glaubensrichtungen. Die katholische Bischofskonferenz sprach sich in großer Mehrheit gegen den Krieg aus. Selbst der erzkonservative Kardinal O'Connor aus New York predigt gegen den Krieg, denn „Frieden kann man nicht mit der Waffe in der Hand erkämpfen“.

Die Erinnerung an Vietnam – das ist hier nicht nur die Wiederbelebung der Friedenslieder und Symbole, das ist auch die Erinnerung an die Toten und die vielen, die nach ihrer Rückkehr in die Heimat allein gelassen wurden. Kein Wunder, daß das Pentagon Zensur über Bilder aus dem Irak und aus Hospitälern verhängt; kein Wunder auch, daß die Friedensbewegung verunglimpft wird – sie ist das Gewissen der Nation.