Goliath gut gerüstet

Geplauder im BE über Macht und Luxus

  • Sabine Neubert
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.
Angekündigt war ein »Gespräch über Macht und Ohnmacht der Kleinen« mit dem Titel »Das Davidprinzip«. Den gleichen Titel trägt ein bei Eichborn erschienener Sammelband, in dem Autoren von Hans Magnus Enzensberger, Georg Tabori und Klaus Wagenbach über Rezzo Schlauch, Gerhard Schröder und Lothar Späth bis hin zu Stephanie Graf über ihre Karrieren berichten, herausgegeben von Wendelin Wiedeking und Anton Hunger, beide im Vorstand der Porsche-AG. Wer nun geglaubt hatte, etwas über die List der kleinen Davids zu erfahren, sah sich mächtig getäuscht, denn eigentlich ging es fast nur um den Luxus der Reichen, die, so Wirtschaftsmanager Hans-Olaf Henkel, »das Prinzip des Auf und Ab« und »Fallhöhen« besonders gut kennen. Auf dem Podium - ein Gruppenbild mit Dame: zwischen Klaus Wagenbach, Anton Hunger, Hans-Olaf Henkel und Moderator Felix Huby (anstelle des erkrankten Giovanni di Lorenzo) Gabriele Fischer, Leiterin eines erfolgreichen Wirtschaftsmagazins. Kleine Inszenierung der Disputanten: links auf der Bühne Wagenbach in knallroten Socken und rechts Henkel im gelben, wie er stolz erzählte, 1952 genähten Cordjacket. Auf Bodyguards verzichtete er, das sei doch nur Inszenierung, so seine Meinung. Ob Goliaths Eisenrüstung, bürgerliche Kleiderordnung oder moderner Lifestyle - alles nur Staffage. Der Luxus mache eine Kehrtwende durch, so war zu vernehmen. Die Zukunft liege nicht in der Anhäufung, sondern in der Veränderung. Noch vor ein paar Jahren war von »Synergieeffekt« die Rede, heute verkaufen sie alle, und ziehen sich auf den »Kern« zurück. Keine Frage, auf welchen und warum. Analysen sind nicht mehr angesagt, dafür heißt das Zauberwort nun »Minimalismus«. Henkel vertrat die Ansicht, Verantwortung solle nach unten delegiert werden. Sein Beispiel der Ladenöffnungszeiten war wenig passend oder nützlich für den Kulturbereich. Als Einleitung gab es einen Text von Enzenberger, ein Dialog (vorgetragen von Markus Meyer und Veit Schubert) in einem Nobelhotel, in dem es u.a. um die modernen Luxusgüter, Sicherheit, Raum und Zeit geht. Den meisten Menschen sei es verboten zu trödeln. Auch das ist nicht neu. Nur wer im Wohlstand lebt, kann den »trödelnden« Penner beneiden. Und die Kulturgüter? »Der Kunstmarkt ist der letzte Zufluchtsort der Superreichen.« Lohnt es sich, über solche Sätze nachzudenken? Oder über »Tod und Auferstehen des Luxus« als das neue »Stirb und Werde!« Am Ende brach dann Wagenbach noch eine Lanze für kleine Verlage und mutige Verlagsgründer. »Wenn es im Verlagswesen keinen David mehr gibt, stirbt die Kultur.« Das brachte ihm Beifall der Zuhörer ein, denn auf so etwas hatten sie gewartet. Aus dem kultur-reichen Fond des Berliner Ensembles erklang als (wenig passende) Untermalung Brecht/ Eislers Lied von der Moldau: »Es wechseln die Zeiten... das Große bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine.« Armes BE! Armer BB! Armer David! Endlich hat sich das Berliner Ensemble mit »Die Mutter« und den New York-Texten Brechts seines »Davidprinzips« besonnen, da reißen hier schon wieder die Goliaths - plaudernd - die Stein-S...

Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.