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Patriotismus - Gehorsam gegen Bush?

Union kritisiert Rot-Grün und bemäntelt zugleich Unterstützung für Kriegskurs

  • Peter Richter
  • Lesedauer: 3 Min.
In der Sache unterstützt die Union den Kriegskurs des US-Präsidenten gegen Irak, aber vor den Landtagswahlen am Sonntag scheint es ihr nicht geraten, das offen zu bekennen.
Am deutlichsten hat Ex-General Jörg Schönbohm, zugleich CDU-Präsidiumsmitglied, zum Ausdruck gebracht, was die meisten in der Unionsführung denken. Er nahm nicht nur Donald Rumsfeld dagegen in Schutz, dass er für sein Wort vom »Problem« Deutschland kritisiert wurde; er hat auch unverhohlen einen Krieg gegen Saddam Hussein verteidigt, wenn die USA mit ihren »besten Informationsquellen« ihn für nötig hielten. »Wenn es sich um Notwehr handelt, ist ein Präventivschlag gerechtfertigt«, formulierte er einen ziemlich kruden Satz und schalt zugleich den Papst dafür, dass er »sich so früh festgelegt hat«. Rot-Grün gar stehe für »die Gefahr, dass Deutschland die Nato in Handlungsunfähigkeit stürzt«. Bedauernd fügt er hinzu, dass für eine aktive Beteiligung die Mittel der Bundeswehr ziemlich erschöpft seien. »Aber wenn wir noch logistische Kapazitäten haben, könnten wir sie anbieten.« Dass Schönbohm nicht allein steht, bewies auch Wolfgang Schäuble, der Rumsfelds Äußerungen als eine Art Retourkutsche auf Kritik von Rot-Grün an den USA bezeichnete: »Wie es in den Wald hineinschallt, so schallt es heraus.« CSU-Generalsekretär Goppel warf der Regierung vor, »eine 50-jährige Freundschaft und die deutschen Interessen für ein paar Stimmen am nächsten Wahlsonntag zu verkaufen«. Und CDU-Chefin Angela Merkel nannte Schröders »voreilige« Ablehnung einer deutschen Kriegsbeteiligung eine »historisch falsche« Entscheidung. Als die SPD auf diese Angriffe damit antwortete, dass sie der Union »unpatriotisches« Verhalten vorwarf, da sie dem Kanzler in einer wichtigen außenpolitischen Frage in den Rücken falle, verwahrte sich die Union und definierte »Patriotismus« zugleich in recht eigener Weise - nämlich als Unterordnung der deutschen Position unter eine »Gemeinsamkeit der Bündnispartner«, die letztlich jedoch allein von den USA bestimmt und durchgesetzt wird. Folgerichtig bezeichnete Schönbohm die rot-grüne Standortbestimmung als »nationale Speichelleckerei«, und Angela Merkel warf Schröder einen »Sonderweg« vor - ungeachtet dessen, dass eine überwältigende Mehrheit der Bevölkerung den Krieg in Irak ablehnt. Vor allem die Wahlkämpfer Koch in Hessen und Wulff in Niedersachsen lassen jedoch diesen Aspekt nicht aus dem Auge, weshalb es die Union außerhalb solch propagandistischen Getöses vermeidet, sich in der Sache tatsächlich festzulegen - von Schönbohms Vorpreschen einmal abgesehen. So erklärte Roland Koch gar, er unterstütze die Initiative der Bundesregierung, den UN-Waffeninspektoren in Irak mehr Zeit einzuräumen; die Problematik müsse »auf jeden Fall in der UNO bleiben«. Und gegenüber den USA fügte er hinzu, kein Land sollte es sich herausnehmen, gegenüber anderen Ländern die eigene Autorität spielen zu lassen. Wulff umgeht das Thema zumeist unter Hinweis darauf, dass Außenpolitik ohnehin nicht in Hannover gemacht werde. Auch CSU-Chef Edmund Stoiber befleißigte sich gestern eher moderater Töne. Zwar kritisierte auch er Schröders »Vorfestlegung« als »durchsichtiges Wahlkampfmanöver«; gleichzeitig jedoch verlangte er mehr Zeit für die Waffeninspektoren: »Jetzt ist die Stunde der Diplomatie, nicht der militärischen Auseinandersetzung.« Er reagiert damit wohl auch auf unterdrückten Unmut in der eigenen Partei, in der es nicht nur Widerstand gegen den Kriegskurs der USA gibt - deutlichstes Zeichen dafür war die Forderung Peter Gauweilers, sich zwischen Bush und dem Papst zu entscheiden -, sondern auch Verärgerung über die Arroganz der US-Administration. So soll der CSU-Europaabgeordnete Posselt sogar von »Neokolonialismus« gesprochen haben. Und das nach 50-jähriger »Freundschaft«?
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