100 Dollar für ein Barrel Öl?

Studie prognostiziert je nach Kriegsdauer Aufschwung oder Rezession

  • Dieter Janke
  • Lesedauer: 3 Min.
In einer Studie hat das Londoner Institute of Directors die möglichen Folgen eines Irak-Krieges analysiert.
Beim Irak-Konflikt geht es um geostrategische Ziele der Bush-Regierung. Das zumindest sprechen Zyniker unter den Befürwortern einer militärischen Intervention der USA in Irak freimütig aus: »Saddam ist ein Sicherheitsproblem auch deshalb«, so der ehemalige CIA-Chef James Woolsey, »weil er die Weltwirtschaft kurzfristig ruinieren kann.« Man müsse sich mit ihm arrangieren oder aber rechtzeitig zuschlagen. Ob man Woolseys Einschätzung teilt oder nicht - die Vermutung liegt nahe, dass die USA die Kontrolle über die bereits erkundeten 113 Milliarden und die darüber hinaus noch vermuteten bis zu 250 Milliarden Barrel Rohöl im Zweistromland gewinnen möchten. Mit dem Sturz Saddam Husseins würden die Sanktionen gegen Irak entfallen. Das dann unbegrenzt sprudelnde schwarze Gold, so das Kalkül, würde die Ölpreise in den Keller drücken und die globale Konjunktur beflügeln. Ein solches Szenario funktioniert allerdings nur, wenn es gelingt, den Waffengang auch möglichst rasch wieder beenden zu können. Dies hat jetzt eine in London veröffentliche Studie des britischen Managerclubs Institute of Directors (IoD) ermittelt. Im Falle eines längeren kriegerischen Konflikts im Nahen Osten, so der Autor Graeme Leach, drohten hingegen sprunghaft ansteigende Rohölpreise und mit ihnen in den wichtigsten Volkswirtschaften Nordamerikas, Europas und Asiens der Sturz in die Rezession. »In diesem Jahr sehen sich die USA- und die Weltwirtschaft enormen militärischen, politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten gegenüber«, fasst Leach seine Befürchtungen zusammen. Laut IoD-Studie könnte der Ölpreis bei einem raschem Ende des Irak-Krieges um rund 10Prozent auf ca. 20 Dollar sinken. Dies wiederum würde den Spielraum der USA-Notenbank für weitere Zinssenkungen ausweiten, was die Investitionstätigkeit der Unternehmen beleben und einen volkswirtschaftlichen Wachstumsschub von rund 2,9Prozent nach sich ziehen würde. Auf ein derartiges Szenario setzt offenbar USA-Präsident Bush, der seine Chancen für eine Wiederwahl im kommenden Jahr verbessern möchte. Dafür allerdings pokert er hoch. Sollte es nämlich nicht gelingen, den Irak rasch in die Knie zu zwingen, wären die Folgen verheerend. Die globale Konjunktur, heißt es in dem IoD-Papier, würde erheblichen Schaden nehmen. Versorgungsengpässe in der Golfregion würden die Ölpreise auf bis zu 80 Dollar pro Barrel (159 Liter) in die Höhe schnellen lassen. Die Börsenkurse würden um weitere 30Prozent einbrechen. Allein in den Vereinigten Staaten würde dies ein Minus von rund drei Prozent beim Wirtschaftswachstum nach sich ziehen. Mit ähnlich dramatischen Problemen bei einem längeren militärischen Konflikt rechnet auch der ehemalige Erdölminister Saudi-Arabiens, Ahmed Saki al-Jamani, derzeit Chef des Centre for Global Energy Studies. Er schließt sogar Ölpreise bis zu 100 Dollar nicht aus. Die Folge wäre eine Weltwirtschaftskrise. Al-Jamani hält jedoch ein mittleres Szenario für das wahrscheinlichste. Nach blutigen Kämpfen, die innerhalb eines Monats zum Sturz Saddam Husseins führen würden, wären die Ölfelder unversehrt. Auch in solchem Falle würden die Preise kurzzeitig auf bis zu 60 Dollar ansteigen, sich dann allerdings wieder rasch normalisieren.
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