nd-aktuell.de / 28.01.2003 / Politik

Friedensplan auf schwachem Fundament

Spannungen mit Liberia und Burkina Faso

Tagnon Tatchêin, Abidjan
Der in Paris ausgehandelte Friedensplan für Côte dIvoire (Elfenbeinküste) steht auf wackligen Beinen. Proteste in Abidjan zeigen, wie schwach das Fundament der Vereinbarung ist.
Die Rückkehr von Präsident Laurent Gbagbo am Sonntagabend hat die Lage in Côte dIvoire (Elfenbeinküste) vorerst beruhigt. Seine Unterschrift unter den Friedensplan in Paris hatte heftige Proteste seiner Anhänger nach sich gezogen, die in dem Plan ein Diktat Frankreichs sehen. In der Regierungshauptstadt Abidjan wurden das französische Kulturzentrum und die Botschaft des Nachbarlandes Burkina Faso, das die Rebellen im Norden unterstützen soll, in Brand gesteckt. Nach schwierigen Verhandlungen hatten die Vertreter der zehn wichtigsten politischen Gruppierungen Côte dIvoires am Runden Tisch des Pariser Vorortes Marcoussis am 24. Januar in Abwesenheit Gbagbos einen politischen Vertrag unterschrieben, der dem Land dauerhaften Frieden bescheren soll. Dieses Abkommen wurde am Wochenende während eines Treffens afrikanischer Staatschefs unter Teilnahme von UNO-Generalsekretär Kofi Annan bestätigt und damit unter internationale Kontrolle gestellt. Am 28.Januar will sich der UNO-Sicherheitsrat mit Côte dIvoire befassen und konkrete Beschlüsse zur Umsetzung des Friedensvertrages verabschieden. Bis zu den Neuwahlen 2005 bleibt Gbagbo auf seinem geliebten und mit Hauen und Stechen verteidigten Präsidentensessel. Wesentliche Machtbefugnisse werden aber an einen im Konsens von allen Verhandlungspartnern bestimmten Premierminister übertragen: Seydou Diarra. Er hat zusammen mit einer Übergangsregierung der nationalen Einheit unter proportionaler Einbeziehung der Rebellen und der Opposition ein strikt festgelegtes ehrgeiziges Programm der nationalen Aussöhnung und des Wiederaufbaus abzuarbeiten. Dabei spielen die sofortige Demobilisierung aller nach Ausbruch des Bürgerkrieges am 19.September 2002 rekrutierten militärischen Kräfte und die Kantonisierung aller bewaffneten Gruppen eine wesentliche Rolle. Dem tiefen Misstrauen der Rebellen gegenüber Gbagbo wird dadurch Rechnung getragen, dass die Entwaffnung ihrer Gruppierungen nicht sofort vorgesehen ist. Bemerkenswert ist auch, dass von einer Amnestie in jedem Fall diejenigen ausgenommen sind, die »sich schwerer Wirtschaftsverbrechen oder schwerer Vergehen gegen Menschenrechte oder internationales humanitäres Recht« schuldig gemacht haben. Diarra wird seine Regierung in den nächsten Tagen vorstellen. Bisher wurde lediglich bekannt, dass sich die (Nord-)Rebellen der MPCI die Schlüsselressorts Verteidigung und Inneres sichern konnten. Der diplomatische Erfolg dieses Abkommens ist vor allem der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich zu verdanken. Ob der Konflikt damit beigelegt werden kann, bleibt offen, nicht zuletzt wegen der regionalen Verwicklungen. Liberianische bewaffnete Kräfte, je nach Quelle und politischer Ausrichtung als Söldner der (West-)Rebellen, marodierende Truppen oder als Einheiten der regulären liberianischen Armee unter Befehlsgewalt von Charles Taylor bezeichnet, destabilisieren durch Überfälle, Plünderungen, Vergewaltigungen und Erschießungen den Westen von Côte dIvoire. Eine dauerhafte Internationalisierung des Konfliktes steht zu befürchten, wenn es der Staatengemeinschaft nicht gelingt, Liberia und die Westrebellen in die Verantwortung zu nehmen. Auch die Äußerungen von Blaise Compaoré, Präsident von Burkina Faso, er sehe Gbagbo wegen der vielen Gräueltaten von Regierungssoldaten gegen seine Landsleute vor dem Internationalen Strafgerichtshof und werde eine entsprechende Klage einreichen, haben zu einer schlagartigen Verschlechterung der ohnehin belasteten nachbarschaftlichen Beziehungen geführt. Abidjan hat bereits mit Abbruch der diplomatischen Beziehungen und totalem Wirtschaftsembargo gegenüber Burkina Faso gedroht. Die Konfliktherde glimmen weiter.