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Wie Bismarck

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„Sollte man nicht von dem Attentat Anlaß zu sofortiger Vorlage gegen Sozialisten und deren Presse nehmen?“, telegrafierte der Kanzler am Abend nach dem Anschlag in die Hauptstadt. Das Telegramm ist 113 Jahre alt, der Absender hieß Bismarck. Nach dem zweiten Anschlag auf den Kaiser hatte er Erfolg: das Sozialistengesetz kam im Reichstag durch...

Mancher möchte offenbar die Geschichte wiederholen. Nach dem Mord von Düsseldorf zeigt man auf die „Miesmacher“, die Gewerkschaften, die Linken: Seht ihr, was die angerichtet haben! Zwar versichert der Justizminister noch, die Gesetze sind ausreichend. Doch schon ruft man in der CSU wie der „Welt“ des Kanzlers nach schärferen Konzepten für die „Sicherheit“, meint der FDP-Vorsitzende, daß wir uns besser wappnen müssten, fordert der CDU/CSU-Bun-' destagsfraktionschef das Zu-

sammenstehen „der Demokraten“ gegen die „Feinde des Fortschritts“ in den neuen Bundesländern.

Ein ganz rühriger Staatsbeamter vom Verfassungsschutz eiferte: Das riecht ganz nach einer Geschichte aus der alten DDR. Und wer verkörpert für sie die „alte DDR“? Gysi, Modrow, die PDS. Oder solche Miesmacher und Rebellen wie Schulz (Neues Forum) oder Thierse (SPD). Natürlich Ossis. Undankbar und aufmüpfig.

Wie bekommt man die in Griff? Denn 1991 ist ja nicht 1878. Zum Glück gibt's noch das Zauberwort Stasi. Den „Stasi-Terrorismus-Sumpf“ müsse man trockenlegen, Datenschutz und Persönlichkeitsrechte müßten dafür „zurücktreten“, fordert der CSU-Generalsekretär. Vielleicht sollten all jene, die Geschichte wiederholen wollen, auch daran denken, daß vor einem Jahrhundert der Coup für den Kanzler am Ende nicht so gut ausging.

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