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Erbarmungsloser Feldzug Bagdads gegen Kurden

  • Lesedauer: 3 Min.

Die ganze Grausamkeit des Krieges zwischen der kurdischen Widerstandsbewegung und Saddams Truppen offenbart sich in Erbil. Nach der Einnahme durch die Republikanische Garde sind die Straßen der nordirakischen Stadt mit Leichen übersät Telefoto: dpa/Gobet

Nach der erbarmungslosen Niederwerfung des Kurdenaufstands herrschen in Nordirak katastrophale Zustände; Drei Millionen Menschen sind in den Bergen Kurdistans auf der Flucht, ohne Nahrung und ohne Unterkunft. Mitarbeiter internationaler Hilfsorganisationen berichteten am Dienstag, daß die überfüllten Krankenhäuser keine Medikamente mehr haben.

Allein in einem einzigen Hospital sind in den vergangenen sieben Tagen 1 800 Operationen vorgenommen worden. Die meisten Patienten sind Einwohner von Kirkuk, die bei der Rückeroberung der Großstadt durch die Regierungstruppen verletzt wurden. Viele trugen schwere Wunden von Phosphorbomben davon, ihre Überlebenschancen gelten als gering. Ein Vertreter der kurdischen Widerstandskämpfer in der Stadt Diana

berichtete, zahlreiche Menschen seien schon an Hunger und Erschöpfung gestorben, viele müßten dieses Schicksal noch teilen. An der Grenze zu Iran stauten sich 20 000 Fahrzeuge mit Zehntausenden von Flüchtlingen, doch Iran habe bisher niemanden eingelassen. Ein gewaltige Zahl von Kurden versucht, in die Türkei zu entkommen.

Ein Flüchtlingstreck erstreckt sich in Kurdistan inzwischen über eine Länge von mehr als 100 Kilometern: Er reicht von den Vororten von Erbil bis nach Diana. Viele Kurden sind mit allen möglichen Fahrzeugen und Fuhrwerken oder, auf Maultieren unterwegs. Dazwischen drängen sich ganze Familien zu Fuß, fünfjährige Kinder müssen Babys auf dem Rücken schleppen. Ein Gelähmter wurde im Rollstuhl bergauf geschoben.

Die Flüchtlinge berichten, sie seien wiederholt von Kampfhubschraubern angegriffen worden. Westliche Reporter werden immer wieder angefleht, der Welt die Hilferufe der Kurden zu übermitteln. „Wir brauchen Hilfe. Die Hubschrauber bringen uns um. Wir haben nichts zu essen. Wir werden sterben. Warum helfen uns die Vereinten Nationen nicht?“, klagt eine junge Frau. Die amtliche irakische Nachrichtenagentur erklärte am Dienstag, es werde nur noch wenige Tage dauern, bis der Aufstand der Kurden beendet sei.

Die Regierungstruppen kontrollieren inzwischen wieder die meisten Städte im Norden, und am Dienstag konnten westliche Journalisten E/bil besichtigen. Sie fanden bestätigt, daß die alte kurdische Stadt fest in der Hand von Einheiten ist, die loyal zu Präsident

Saddam Hussein stehen. Doch Erbil ist weitgehend verlassen, abgesehen von den Soldaten und einigen Einwohnern, die in diesen Tagen zurückkehren. In manchen Straßen liegen noch Tote, und in der Ferne ist Gefechtslärm zu hören. Soldaten mit Panzern kontrollieren die Zufahrt zur Stadt, und am Stadtrand kampieren rund 100 kurdische Milizionäre, die auf der Seite der Regierung stehen.

Abdel Kajos Salaheddin von der Universität Erbil berichtete, etwa 100 000 kurdische Milizionäre hätten während des Aufstandes die Stadt erobert und dabei viele Mitglieder der herrschenden Baath-Partei samt ihren Familien umgebracht. Die Kurden beschuldigen die Regierungstruppen ihrerseits, bei der Rückeroberung von Erbil grausam vorgegangen zu sein.

ALEX EFTY, AP

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