nd-aktuell.de / 25.09.1991 / Wissen / Seite 8

Kein Rettungsanker für Landwirte

Hannover (ND-Priesmeier). „Für die Zukunft der landwirtschaftlichen Betriebe sind nachwachsende Rohstoffe so gut wie bedeutungslos.“ Dieses Fazit zog Erich von Hofe, agrarpolitischer Sprecher der' niedersächsischen GRÜNEN, aus einer Fachtagung der Landesregierung zu diesem Thema. Vor allem die alte CDU-Landesregierung hatte in „Energiepflanzen“ einen Rettungsanker für die Landwirtschaft gesehen, weil sie von einer „schier unerschöpflichen Nachfrage“ nach Biodiesel und Bioethanol ausgegangen war. Noch vor weni-

gen Monaten nannte der CDU-Agrarexperte Heinrich-Wilhelm Ronsöhr die Biotreibstoffe einen „bedeutenden Beitrag, um die Volkswirtschaft von den starken Schwankungen auf dem Erdölmarkt unabhängiger zu machen“. Nun aber habe sich endgültig herausgestellt, daß bei der Produktion von Bioethanol mehr Energie verbraucht als gewonnen werden, teilte von Hofe mit. Auch die Abwasserprobleme bei der Reststoffbeseitigung seien nicht zu bewältigen. Daß der Einsatz von Biotreibstoffen, deren Produktion und Ver-

brauch in den natürlichen Kohlenstoffkreislauf eingebettet sind, hilft, den Kohlendioxydausstoß zu vermindern, ist bei Landwirtschaftsexperten unbestritten. Doch mit einem Tempolimit auf Straßen und Autobahnen kann man dies einfacher und billiger erreichen. Durch Tempolimits von 100 bzw. 80 km/h könnten die CO,-Emissionen jährlich um 26 Millionen Tonnen vermindert werden. Um das gleiche Ergebnis mit Biodiesel als Benzinersatz zu erreichen, müßte man auf 30 Millionen Hektar Raps

anbauen, das wäre das Dreifache der landwirtschaftlichen Anbauflächen in ganz Deutschland.

Nachwachsende Rohstoffe sind indessen auch auf anderem Gebiet einsetzbar. So können zum Beispiel aus Zucker und pflanzlichen Ölen biologisch vollständig abbaubare Tenside für Wasch- und Reinigungsmittel hergestellt werden. Schmierstoffe aus Rapsöl gefährden die Umwelt nur minimal; Verpackungsmaterialien aus Zucker oder Stärke können problemlos kompostiert werden.