nd-aktuell.de / 23.12.1991 / Politik / Seite 2

„MissMarple“

Nach „Maggie“ als erstem weiblichen Premier des Landes hat Britannien demnächst auch seine erste Frau an der Spitze des Geheimdienstes MI5, der für das Inland zuständigen Spionageabwehr. Die britische Presse meldete die Nachfolgerin des in Februar in Rente ziehenden Patrick Walker auf den Titelseiten, und sie war froh, ungestraft diesmal wenigstens den Namen drucken zu können, denn das war bis vor kurzem noch ein Delikt. An Fotos ist allerdings auch heute noch nicht zu denken. Britanniens neue Super-Miss-Marple heißt Stella Rimington. Die 56jährige jedoch ist verheiratet und Mutter zweier Töchter.

STELLA RIMINGTON: Die Frau ohne (öffentliches) Gesicht

Mit rund 220 000 DM Jahressalär gepolstert, krönt die in Südlondon geborene und in der Hauptstadt lebende Absolventin der Edinburgh University nun ihre bisher 22 Dienstjahre in der Spionageabwehr. Dazu rechnen (Anfang der 80er Jahre) hohe MI5-Posten bei der Überwachung der Gewerkschaftsbewegung und, wie es damals hieß, anderer „subversiver Kräfte“. Es war die Zeit, da die Schwächung der Trade Unions auf der Prioritätenliste von Frau Thatcher stand.

Frau Rimingtons Berufung fällt in eine Phase, da der MI5 auf personelle Verstärkung heimkehrender „James Bond's“ aus Osteuropa und der zerfallenden Sowjetunion rechnet, u.a. um sie verstärkt gegen die terroristische IRA einzusetzen. Ihre Berufung gilt auch als später Reflex auf öffentliche Vorwürfe, John Major,-der neue Hausherr in Downing Street 10, tue noch immer zu wenig für eine größere gesellschaflüchte 1 Rollender Frau. Er hat sich für einen eindrucksvollen Anfang entschieden