Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

  • Politik
  • Dr. SEIN WIN, Premier der burmesischen Gegenregierung auf einer Stippvisite in Berlin:

200 Companies halten die Junta an der Macht

  • Dr. JOCHEN REINERT
  • Lesedauer: 4 Min.

„Wir sind besorgt über den nervösen Zusammenbruch von Staatschef Saw Maung, aber nicht so sehr seiner Person, sondern der ernsten Lage in Burma wegen. Denn wenn Maung nicht mehr .geistig auf der Höhe' ist - wer regiert dann das Land?“

Der dies auf eine ND-Frage zu einer Meldung aus Burma antwortete, ist einer der wichtigsten Kontrahenten des Militärregimes von Rangun: Dr. Sein Win, Premier der Gegenregierung der burmesischen Opposition und Cousin der Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Am Wochenende kam er gemeinsam mit Finanzminister U Win Ko zu einem Kurzbesuch nach Berlin.

Die Gegenregierung war am 18. Dezember vorigen Jahres gebildet worden, nachdem die Militärjunta der Opposition faktisch jede legale politische Wirkungsmöglichkeiten genommen hatte. Obwohl die von der Nobelpreisträgerin begründete Nationale Liga für Demokratie (NLD) bei den Wahlen vom Mai 1990 einen haushohen Sieg verbuchen konnte, war die Junta - so berichtete-Premier Dr. Win auf einer Pressekonferenz im Berliner Domizil der Internationalen Liga für

beugen. Nachdem die 392 NLD-Abgeordneten (das Parlament hat insgesamt 485 Sitze) im Juli auf einer Zusammenkunft in Rangun eine schnelle Machtübergabe gefordert hatten, gingen die Militärs mit großer Härte gegen sie vor. Daraufhin sahen Teile der Demokratie-Liga keinen anderen Ausweg, als jene Gegenregierung im Dschungel an der thailändischen Grenze zu bilden.

Nach Angaben Dr. Wins kontrolliert seine Administration etwa 20 Prozent des burmesischen Territoriums, vor allem Grenzgebiete. Ihr Regierungssitz Manerplaw ist zugleich das Hauptquartier der Demokratischen Allianz von Burma (DAB), des 1987 gebildeten Bündnisses aller wichtigen ethnischen Minderheiten des Landes, von denen mehrere seit Jahrzehnten einen bewaffneten Kampf gegen Rangun führen. In ihrem Gründungsmanifest hatte die Allianz zwei Hauptforderungen erhoben: die Bildung eines Mehrparteiensystems und die Gründung einer neuen burmesischen Föderation.

„Darin sind wir uns mit der Allianz völlig einig, und wir haben eine' gute Zusammenarbeit“, erklärte Dr. Win. Das Bündnis der Minder-

zum Sturz der Junta. Zwar habe die Militärregierung eine starke Position, aber sie sei Anfang Oktober von den Militäroperationen der Minderheiten-Allianz im Irrawaddy-Delta, nur 60 Meilen von Rangun, überrascht worden. Laut jüngsten Berichten aus Rangun sei die Militärführung gespalten. Von Bedeutung sei auch, daß ein erheblicher Teil der unteren Offiziersränge und Soldaten mit der Opposition sympathisiere. So habe die NLD bei den Wahlen auch in vielen Gebieten, in denen Miltärangehörige wohnen, Mehrheiten erhalten.

Da die Militärregierung nach jenen Wahlen keinerlei Legitimität mehr habe, dürfe sie auch nicht den Platz Burmas in der UNO einnehmen, meinte Dr. Win. Die von Schweden eingebrachte UNO-Resolution vom 29. November wertet die burmesische Opposition positiv. In ihr wird kritisiert, daß der bei den Wahlen manifestierte Wille des Volkes nicht vollzogen wurde. Zugleich wird die Freilassung aller politischen Gefangenen gefordert, unter denen sich nicht weniger als 60 Abgeordnete der Demokratie-Liga befinden.

Die militärische und wirtschaft-

von Dr. Win „einer der Hauptgründe, daß die Militärs an der Macht bleiben können“. Besorgt zeigte er sich über Waffenlieferungen Chinas. Darüberhinaus würden mindestens 200 Companies aus westlichen Ländern als Stützen des Militärregimes fungieren - ungeachtet der offiziellen verbalen Proteste ihrer Länder gegen die zahlreichen Menschenrechtsverletzungen in Burma. Darunter befinde sich auch die deutsche Firma Fritz Werner, in deren burmesischen Joint venture Schnellfeuergewehre und leichte Artillerie produziert werden. Auf der Pressekonferenz wurde auch bekannt, daß die Bundeswehr bis 1989 etwa 40 burmesische Offiziere an ihrer ABC-Kampftruppenschule in Bayern ausbildete.

Nachrichten aus Rangun, daß die Bedingungen des im Juli 1989 verhängten scharfen Hausarrests über die Friedenspreisträgerin erleichtert worden seien, will Cousin Dr. Win nicht recht glauben. Der unlängst verkündete Auschluß von Suu Kyi aus der Nationalen Liga für Demokratie sei mit Sicherheit auf Befehl der Militärs zustandegekommen. „Aber für uns“, so betont der 48-jährige Politiker, „ist und

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal