nd-aktuell.de / 23.12.1991 / Brandenburg / Seite 7

Fromme Wünsche

Die Weihnachtszeit ist stets auch die Zeit vieler Wünsche. Aber während deren Erfüllung überwiegend mit einem mehr oder weniger tiefen Griff in die Haushaltskasse verbunden ist, setzt der Senat auf Bescheidenheit.

Beispielsweise bei der BVG/BVB. Dort-nämlich soll nach Auffassung der Haushaltsexperten von SPD und CDU die Kürzung von immerhin 150 Millionen D-Mark pro Jahr nicht mit einer Verschlechterung des Angebots einhergehen. Was sich nach Ansicht von Bündnis 90/ Grüne als „frommer Wunsch“ herausstellen dürfte.

Noch dazu, wo der Senat nach eigenen Bekundungen beabsichtigt, das Verhältnis von öffentlichem zu Individualverkehr in der Innenstadt auf 80:20 zu bringen. Da das so jedenfalls SPD-Fraktionschef Staffelt am Rande der Verhandlungen zum „Regierungstunnel“ - ohne Reduzierung des gegenwärtigen Autoverkehrs erreicht werden soll, steht eine rasante Entwicklung des öffentlichen Personenverkehrs in Haus. Denn noch lautet das Verhältnis 40:60. Und tatsächlich ist den Verkehrsgewaltigen seit dem Mauerfall bereits gelungen, bei der S- Bahn eine (!) Verbindung (Friedrichstraße) wieder in Betrieb zu nehmen. Daß dem 80 Prozent der ehemals unterbrochenen Stra-ßenverbindungen gegenüberstehen - nun ja, es geht eben nicht alles auf einmal...

Und dann immer diese destruktiven Nörgeleien. Selbst wenn Olympia 2 000 nach Berlin komme, meint beispielsweise die Interessengemeinschaft Eisenbahn und Nahverkehr Berlin e.V, werde es keine Verbesserungen im Nahverkehr geben. Für die S-Bahn zum Olympiastadion existierten bisher weder Pläne noch Termine. Was soll denn diese Drohung - tut der Senat entgegen anderslautenden Gerüchten doch gegenwärtig alles in seinen Kräften stehende, um Olympia, und damit zusätzlichen Verkehr, eben nicht nach Berlin zu locken.

Den Stau in der Innenstadt, so ein weiterer frommer Wunsch des Senats, wird der Tunnel unterm Tiergarten auflösen. Und den bezahlt ja der Bund. Hofft man zumindest. Wie heißt es doch in einem englischen Sprichwort so schön: Wünscher und Woller sind niemals gute Haushälter. .. KLAUS KIMMEL