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  • Kultur
  • Interview mit Moritz de Hadeln, Direktor der 42. Internationalen Berliner Filmfestspiele, die heute abend eröffnet werden

„Im Moment rennt ja alles den amerikanischen Filmen hinterher“

  • Lesedauer: 3 Min.

Als Berlinalechef Moritz de Hadeln vorige Woche das Wettbewerbsprogramm der Presse vorstellte, hielten sich die kritischen Fragen noch im Rahmen. Kurz danach fiel die Schelte vor allem wegen des hohen Anteils an US-Produktionen heftiger aus. Zu dieser und anderen Fragen führte HANS-GÜNTHER DICKS für ND das folgende Gespräch mit MORITZ DE HADELN.

Herr de Hadeln, eine allgemeine Einschätzung vielleicht vorweg: Wie ist der „Jahrgang“ diesmal?

Na ja, der Jahrgang ist wie jedes Jahr gut. Aber was bedeutet gut? Das ist nicht nur eine Geschmacksfrage, das richtet sich auch nach der Weltfilmproduktion, und da ist das Problem, daß die sich immer mehr auf einige wenige Zentren konzentriert. So ist in diesem Jahr der große Verlust des Festivals das reduzierte Angebot an Filmen aus Mittel- und Osteuropa. Allerdings mit Ausnahme der ehemaligen UdSSR. Dort hat man im letzten Jahr 400 Spielfilme produziert, man wundert sich zwar, mit welchem Geld und wie und ob die dann auch ins Kino kommen, aber darin bin ich kein Experte, also will ich dazu nichts sagen. Aber im Moment rennt in ganz Mittel- und Osteuropa ja alles nur den amerikanischen Filmen hinterher, die eigenen kommen z.B. in Ungarn im Glücksfall auf 40 000 Besucher! Nur von den CSFR-Filmen höre ich, daß sie großen Erfolg in ihrem Land haben.

Also wieder die Frage nach den US-Filmen. Was ich davon bisher kenne, begeistert mich wenig, sieht sehr nach „mainstream“ und Kommerzkino aus.

Nun, Sie erwarten vielleicht andere Themen, aber die gewaltigen politischen Veränderungen der letzten zwei, drei Jahre finden so schnell keinen Eingang in Spielfilmproduktionen. Qualitativ jedoch sind die Filme auf einem sehr hohen Standard. Mit dem „main-

stream“ haben Sie wohl nicht Unrecht, tatsächlich haben viele amerikanische, aber auch europäische Filme einen sehr klassischen Stil, den man, böse ausgedrückt, auch altmodisch nennen könnte. Aber das liegt nicht am fehlenden Talent der Regisseure, sondern an den Produktionsbedingungen und der Angst der Produzenten, die lieber „auf Nummer Sicher gehen“ wollen.

Aber hat nicht ein Festival wie die Berlinale die Möglichkeit und die Verpflichtung, etwas gegen diesen Trend zu setzen?

Zunächst einmal haben wir auch aus den USA zwei unabhängige Produktionen dabei, aber auch die sind eher konventionell, klassisch gemacht. Alternativen zu diesem Stil haben wir kaum gefunden, höchstens im Dokumentär- und 16mm-Film-Bereich, davon gibt es ein paar im „Panorama“ und im „Forum“. Die Auswahl hier war sehr begrenzt, trotzdem haben wir nach meiner Einschätzung mehr schwierige und experimentelle Filme im Programm als früher, auch im Wettbewerb, ich denke z. B. an „Miraculi“, „Infinitas“ oder den Film aus Hongkong. Wir wählen ja für alle drei Sektionen parallel aus und spielen auch bewußt mit der Möglichkeit, in Forum oder Panorama Alternatives anzubieten. Die Verpflichtung eines Festivals ist es sicherlich, Neues zu entdecken, aber wenn das Publikum mit den Füßen und seinem Geld abstimmt für das amerikanische Kino, dann können wir hier am Tisch zwar uns andere Filme wünschen, doch das geht dann an der Realität vorbei. Festivals lügen schon genug dadurch, daß sie nur die Spitze und die besten Filme zeigen und nicht das viele Mittelmaß.

Aber wenn Erfolg beim Publikum so wichtig ist, wie ist es dann mit den daheim so erfolgreichen Filmen aus der CSFR? War von denen keiner „wettbewerbsreif“?

Leider nicht, nein. Auch daß Polen nicht dabei ist, bedaure ich sehr. Wir haben in der CSFR etwa acht oder zehn Filme gesehen, in Polen sechs oder sieben, aber es gab keinen überzeugenden Film, der uns angeboten wurde.

In diesem Jahr kommen die Stars wieder etwas zahlreicher. Man hört, daß manche Festivals sie auch

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