Performed by Peter Gabriel

»Growing Up«-Tour machte in Berlin Station

Der Abend endete nach mehr als zwei Stunden, wie er begonnen hatte: Peter Gabriel allein am Keyboard und um ihn herum das ausverkaufte Velodrom in Berlin. Am Anfang hatte das hymnische »Here comes the Flood« vom ersten Soloalbum (1977) gestanden, das Gabriel in der späteren, sparsam instrumentierten Fassung zum Besten gab - erstmals auf Deutsch. Zum Schluss kam das nachdenkliche, persönliche »Father und Son« vom Konzept-Album »Ovo«, das Gabriel für die Londoner Millenniumsfeier komponiert und eingespielt hatte. Nach fast zehnjähriger Konzertabstinenz Gabriels waren die Erwartungen an die »Growing Up«-Tour groß. Anders als in seiner 93er Tour »Secret World«, die die Geschichte einer Reise erzählte, stellt nunmehr fast jeder Song für sich eine Performance dar, was dank der Hightech-Rundbühne unvergessliche Eindrücke beschert. Laufen Gabriel und seine Bandsängerin und Tochter Melanie bei »Downside Up« (Ovo) noch kopfüber an einem stählernen Rundhimmel, senkt sich der Himmel beim nächsten Stück »Barry Williams Show« vom 2002er Werk »Up« auf die »Erde« ab und gibt nun als stählernes Geländer Gabriel Gelegenheit, eine Fernsehkamera herumschwenkend sich selbst, seine Musiker und das Publikum abzufilmen. Die Bilder erscheinen auf vier Leinwänden und setzen den medienkritischen Song, der den Talk-Show-Nonsens aufs Korn nimmt, adäquat um: Ihr, das Publikum, ihr bespiegelt euch im voyeuristischen Fernsehen nur selbst, und wir, die Macher, sind nur euer Medium. Wem das nicht aufging, dem gab Gabriel auf Deutsch noch Interpretationshilfen. Dazu entfaltet er eine für sein Alter beeindruckende Action. Bei »Solsbury Hill« fuhr er im Kreise unermüdlich Rad, umrundete bei »Growing Up« in einem großen Kunststoffball die Bühne und sprang beim unvermeidlichen »Sledgehammer« mit der bekannten Leuchten-Jacke umher. So konzentrierte sich die Show auf den Protagonisten, blieben die sechs exzellenten Begleitmusiker eher im Hintergrund. Konsequent wandte man dem Publikum beim Spielen auch meist den Rücken zu, was wohl den tieferen Sinn hat: Nicht die Band, Gabriel ausgenommen, steht im Vordergrund, sondern die Musik, die sich quasi durch die Band »materialisiert«. So kam konsequenterweise die letzte Minute des letzten Stücks vor den Zugaben (»Signal to Noise« von »Up«) auch aus der Konserve, als die Akteure längst entschwunden waren. Gabriel, der in den 80er Jahren die Kraft komplexer Rhythmen für sich entdeckt hatte, bevorzugt auf dem neuesten Album »Up« eher eine krachende Laut-Leise-Dynamik. Dementsprechend modelte er ältere Hits wie »Secret World« und »Digging in the Dirt« vom 92er Album »Us« zu Dampfhammer-Rocknummern um. Für Gabriel, der in den 70er Jahren als Frontmann der späteren Popband »Genesis« einen gepflegten Art-Rock zelebriert hatte, gilt wohl das, was auf viele der nun langsam in die Jahre gekommenen Rockstars zutrifft: Zum Ende hin lässt man es noch mal ordentlich krachen. Über dem Auftritt lag auch eine Art melancholische Abschiedsstimmung: Wer weiß, ob man bei den Tourabständen den alten weisen Herrn noch mal bei einem Konzert wiedersieht. So wollte das Publikum Gabriel am Ende gar nicht von der Bühne lassen. Sichtlich gerührt verabschiedete sich d...

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