nd-aktuell.de / 29.04.2003 / Kommentare

Brüchiger Frieden

Wolfgang Hübner
Eine ganze Weile hatte man von der PDS allenfalls ein paar Einzelmeinungen zum Streit um die von der SPD geplante Reformagenda 2010 gehört. Während sich die SPD in eine handfeste Auseinandersetzung manövriert hat, hüllte sich die PDS in weitgehendes Schweigen. Selbst wenn man berücksichtigt, dass eine Partei, die gerade den Status einer Bundestagsfraktion verloren hat, in den allermeisten Redaktionen kaum noch auf Interesse stößt, fragt man sich, was aus der einst stolz vorgeführten Sozialkompetenz der PDS geworden ist. Das sehen auch PDS-Politiker so und sprechen von Krise. Nun hat sich die PDS zurückgemeldet - mit einer mustergültigen Selbstbeschäftigungstheorie. Eigentlich ist es müßig, lange zu erörtern, wer im aktuellen Streit um den Umgang mit einem Papier über Reformalternativen Recht hat. Fakt ist, dass die Gräben in dieser PDS nach wie vor breit sind. Allen Erfolgsmeldungen zum Trotz, die Partei habe nach der Wahlniederlage und dem Geraer Krisenparteitag wieder Fuß gefasst, sitzen Frust, persönliche Vorbehalte und vor allem inhaltliche Differenzen über den weiteren Weg der PDS tief und fest. Nun sind sie mit der Forderung nach der Abwahl führender PDS-Politiker so deutlich wie seit Gera nicht mehr ausgesprochen worden. Ganz offensichtlich ist es im vergangenen halben Jahr nicht gelungen, die Streitpunkte beizulegen. Eher gab es zeitweilig eine Art Waffenstillstand. Ein brüchiger Frieden, wie sich spätestens jetzt zeigt. Egal ob es zu dem von Brandenburgs Landeschef Ralf Christoffers geforderten Sonderparteitag kommt oder nicht - solange eine Mehrheit des Bundesvorstands und wichtige Landespolitiker eine Art Flügelkampf führen, ist es mit der Politikfähigkeit nicht weit her. Übrigens: Nächstes Jahr werden das Europarlament und diverse ostdeutsche Landtage gewählt. Bisher jedenfalls war die PDS nicht in der Lage, aus der desolaten Lage von SPD und Grünen irgend einen politischen Nutzen zu ziehen.