Ein Herz für Finder

Der bekennende Mecklenburger, langjährige Redakteur des »Eulenspiegel«, Kabarettist und Publizist gehört nun zu den ND-Flattersätzern.

Gar nicht erst was suchen, ist immer noch besser, als mit großer Mühe nischt finden. 1998, vor dem Regimewechsel von Helmut Kohl zu Gerhard Schröder-Köpf sind im Kanzleramt jede Menge Akten verschwunden worden. Darin wimmelte es nur so von Beweisen für Bestechung und Bestechlichkeit beim Verkauf der Leuna-Raffinerie an den Öl- und Schmiergeld-Konzern Elf Aquitaine. In Computern des Kanzleramts, behauptet Sonderermittler Burkhard Hirsch (FDP), sei eine Datenfülle von wenigstens drei Gigabyte »flächendeckend, zentral und heimlich« gelöscht worden. Staatsanwälte sollten Licht in die finstere Sache bringen, wollten aber nicht. Hirsch dagegen hatte finden wollen, aber nicht können.
Schwache Leistung, Kameraden! So was kann im Weißen Haus nicht passieren. Präsident Bush würde einen solchen Flop knallhart zurückweisen. Merke: Von unseren amerikanischen Freunden lernen, heißt finden lernen. Schon heute wissen selbst Leute mit erstklassigem Gedächtnis nicht mehr, welches eigentlich der Grund für die blutigen Frieden schaffenden Maßnahmen der US-Armee im Schurkenstaat Irak gewesen sein mag. Diese Militärschläge waren laut Angela Merkel »kein Präventivkrieg«, sie waren laut Rumsfeld ein »Akt der Humanität«, und Kriegsgrund waren einzig und allein die Massenvernichtungswaffen in der Verfügungsgewalt von Satan Hussein. »Wir beenden ein Regime«, sprach Bush, »dessen Massenvernichtungswaffen eine Bedrohung für die Menschheit sind.« Seitdem stellt hier zu Lande die ganze »friedensbesoffene Volksgemeinschaft«, wie der Gitarrist Wolf Biermann formuliert, bohrende Fragen nach genau diesen Massenvernichtungswaffen. Wo sind sie denn nun? Gibt es sie vielleicht gar nicht? Gemach! Diese Bedenkenträger, die Al-Qaida für ein Waschmittel halten und nicht glauben wollen, dass es den Osterhasen und Osama bin Laden wirklich gibt, werden demnächst verstummen. Allein schon der Umstand, dass der Diktator seine Massenvernichtungswaffen nicht abfeuerte, hat ihn verdächtig gemacht! »Egal, ob er sie zerstört, verlegt oder versteckt hat«, so Bush, »wir werden die Wahrheit herausfinden.« So wird es geschehen; auf sein Wort ist Verlass.
Auf die Mitwirkung der einschlägig vorbelasteten UN-Waffeninspekteure, die Hans Blix ihm immer wieder andienen will, hat er dankend verzichtet. Diese Gutmenschen haben Tomaten auf den Augen und finden nur was, wenn auch wirklich was da ist. Stattdessen entsendet George W. Bush eine Expertentruppe von tausend Schlapphüten mit Röntgenblick. Diese Spezialisten arbeiten nach der bewährten Methode der Sänger von Finsterwalde, die Bäume am liebsten dort ausreißen, wo keine sind.
Die wichtigsten Leute im Team sind übrigens Archäologen. Diesen Spitzenkräften gelang erst kürzlich der Nachweis, dass die Alten Babylonier schon das gute, alte Handy kannten! Höchstwahrscheinlich fand bereits vor 4000 Jahren zwischen Hammurapi und Nebukadnezar ein lebhafter Fernsprechverkehr statt. Bei Grabungen an den Ufern von Euphrat und Tigris jedenfalls fanden die tüchtigen US-amerikanischen Forscher wider Erwarten überhaupt keine Reste von Induktionsspulen, Kondensatoren, Kabeln, Gabeln oder Wählerscheiben, nicht mal einen einzigen Millimeter Klingeldraht. Sehnse, das ist er: der unwiderle...

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