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Haben Sie eigentlich immer das Gefühl gehabt, ein Bein hier zu haben?

  • Lesedauer: 3 Min.

Auch Scheiße bindet. Ich hab mich ja bißchen in der Welt umgesehen. Also ich meine, die Überwindung der Grenze war wirklich nötig. Wenn du rausgegangen bist, hattest du ein schlechtes Gewissen, und wenn du zurückgekommen bist, auch wieder. Das haben sie geschafft, einem das immer einzubleuen.

Und nun haben Sie auf dem Berliner PDS-Landesparteitag Heine rezitiert. Haben Sie da keine Berührungsängste?

Ich hab immer gesagt, ich zieh vor den Leuten den Hut, die nicht ihr Innerstes umgekrempelt haben. Ich kenne einen, der war in der

Partei und ist gleich nach der Wende raus. Den hab ich getroffen, und der wollte mir erklären, daß er eigentlich nie Kommunist war. Da hab ich gesagt, dann versteh ich nicht, warum du überhaupt eingetreten bist. Ich war nie in der Partei. Meine Eltern sind Baptisten, in die Kirche bin ich auch nicht eingetreten, das war der gleiche Fanatismus, den ertrage ich auf beiden Seiten nicht. Im tiefsten Innern habe ich die Ideale des Sozialismus immer bejaht. Die Drangsalierungen, die fand ich schrecklich, aber die Idee, daß alle Menschen gleich sind, und daß eine neue Art von Menschen hier letzten Endes erzogen worden ist, dieser Zusammenhalt, zum Beispiel in Hausgemeinschaften, das fand ich toll. Das bröckelt ja nun alles auseinander. So schön das ist mit der Maueröffnung, aber es ist eine große Chance vertan, diese DDR zu demokratisieren. Mir wird immer entgegengehalten, die DDR war nur ein Gebilde, das glaub ich nicht. Ich war von der Pike auf dabei, und ich bin geprägt worden durch die DDR. Ich hab lange den Sticker getragen, den sie mir hier bei einer Veranstaltung angesteckt haben, „Links tut gut“, das hab ich auch in Köln getragen. Dort waren sie ganz heiß auf PDS-Feuerzeuge, die hab ich ihnen besorgt. Fürs Großkapital war ich nie. Ich bin dafür, daß man ordentlich Geld verdient, aber nicht, daß das Kapital alles beherrscht. Früher war die Diktatur der Partei, heute herrscht die Diktatur des Geldes, und man fragt sich wirklich, was schlimmer ist.

Aus dem Fenster Ihrer Köpenicker Wohnung sehn Sie auf die Dahme. Mögen Sie den Rhein lieber als Dahme und Spree?

Ich hab Köln sehr gern, es ist eine schöne Stadt, die Leute liegen mir sehr, sie sind sehr offen, die Landschaft ist schön, aber ich könnte dort nicht leben, ich brauche Berlin, die Großstadtatmosphäre.

Das verstehe ich gut. Wenn ich auch finde, daß diese Atmosphäre noch sehr belastet ist von der Vergangenheit und dem erschreckenden Umgang damit.

Ich hab mir mal meine Kaderakte an der Volksbühne angesehn, da steht so ein Quatsch über mich drin. Sicher ist das auch weitergeleitet worden. Aber daß sie jetzt diese ganzen Stasi-Akten so hochbringen, das soll nur ablenken von den wirklichen Problemen, das ist finster.

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