nd-aktuell.de / 11.03.1992 / Sport / Seite 12

Fliegenfänger

Nichts ist schöner als Fliegen. Meint ein Werbespruch. Das sehen die Chinesen ganz anders. Sie wollen den Fliegen ans kurze Leben. Mit allen Mitteln. Zu den Olympischen Spielen 2000, um die sich Peking - wie Berlin - bewirbt, soll die Hauptstadt fliegenfrei sein. Dafür gibt es eine auf zwei Jahre beschränkte Kampagne mit genauen Standards. Danach darf es an öffentlichen Orten keine einzige Fliege mehr geben, Wohnungen und Internaten müßten zu 99 % fliegenlos sein, nur in öffentlichen Toiletten wurde ihnen ein Restdasein von 3 % zugebilligt. Da hat selbst die „geschützte“ Brotfliege keine Chance mehr, denn 1,5 Millionen davon so viele Haushalte gibt es etwa lassen sich illegal kaum halten. Die Vernichtungstechnik ist noch nicht klar. In der Schule erfuhren wir früher staunend von der Anti-Spatzenaktion, bei der alle Chinesen mit Töpfen und Deckeln solange Krach schlugen, bis die erschöpften Tierchen vom Himmel fielen. Das funktioniert bei den stoischen Fliegen nicht. Und - eine weitere Frage -, wie viele Fliegen sind 99 oder 97 %? Woher wissen sie, daß sie die Wohnung, respektive die Toilette nicht verlassen dürfen? Und, würde es nicht als Affront angesehen werden, wenn der IOC-Präsident zur Eröffnung mit Fliege erscheint?

Da hat's Berlin doch leichter mit der Bewerbung... ric