nd-aktuell.de / 28.03.1992 / / Seite 13

Adenauer traute dem deutschen Volk nicht

Eben dies jedoch geschah. Per Saldo hinterließ die Genfer Konferenz nur die Gewißheit, daß in nächster Zeit die deutsche Wiedervereinigung kaum vorangetrieben werde. Adenauer konnte weiterhin vollendete Tatsachen schaffen. Vom 9. bis 11. Dezember vergatterte sein Au-ßenminister 19 nach Bonn zitierte Botschafter, 4 Gesandte und einen Generalkonsul auf die Hallstein-Doktrin. Zugleich informierte Herr von Brentano sie, die Bundesregierung denke nicht daran, in der Sowjetunion Konsulate zu errichten und zu den übrigen Ostblockstaaten diplomatische Beziehungen aufzunehmen. Was den Kanzler in jenen Tagen sonst noch so bewegte, erfuhr die Öffentlichkeit 31 Jahre später. Am 13. März 1986 stand im Westberliner „Tagesspiegel“ unter der Überschrift: „Top-secret-Dokument über Politik Adenauers freigegeben“: Adenauer habe den damaligen deutschen Botschafter in London, von Bittenfeld, beauftragt, dem Staatssekretär im Foreign Office, Kirkpatrick, eine streng vertrauliche Mitteilung zu machen... Dr. Adenauer habe kein Vertrauen in das deutsche Volk... Folglich sei er der Meinung, daß die Eingliederung Westdeutschlands in den Westen wichtiger sei als 1 die Vereinigung Deutschlands... Unser Autor, nach 1945 für den dpd und den „Telegraph“ tätig, ging 1948 ins Ruhrgebiet, wo er für die „WAZ“ arbeitete; ab 1950 in Bonn als freischaffender Journalist tätig (Mitglied der Bundespressekonferenz), mußte er ab Ende 1957 eine 34monatige Haft wegen seiner HVA-Kontakte verbüßen; nach seiner Entlassung ging er in die DDR