nd-aktuell.de / 30.03.1992 / Sport / Seite 11

Wer wird's – Hitzfeld, Stepanovic oder Daum?

ECKHARD GALLEY

Die Endspielzeit ist angebrochen. Gerade ist Dortmund - Frankfurt vorbei, da steht mit Frankfurt -VfB Stuttgart schon das nächste „Endspiel“ an. Es ist noch nicht das letzte. Der Zuschauer kann sich ob dieser Spannung freuen. Selten war der Kampf um den Titel des deutschen Fußballmeisters so aufreizend wie in diesem Frühjahr. Schafft es der elegante Analytiker Otmar Hitzfeld mit den Dortmunder Borussen? Triumphiert der schlitzohrige Dragoslav Stepanovic mit der Frankfurter Eintracht? Siegt am Ende gar der immer wieder den Mund vollnehmende Christoph Daum mit dem VfB Stuttgart? Keiner weiß es, und keiner will sich festlegen. Um sicher zu gehen, müßte man beim Tippen den Dreierweg wählen. Der Endspurt um die Meisterschaft sichert den Beteiligten auf alle Fälle volle Stadien und damit gute Kasse. Das er-

ste Endspiel hatte in Dortmund Klasse. Sieht man von den letzten 20 Minuten ab, wo beiden der eine Punkt lieber war als gar keiner, könnte man sich gut vorstellen, daß hier der Meister gespielt hat.

Frankfurts Torwart Uli Stein bedauerte dann auch, daß es nicht zwei Meisterschalen gibt. Statistiker nahmen ihn genau unter die Lupe. Das Ergebnis: Stein fing zehn Bälle, verließ 38mal den Torraum, bewies sich bei acht Paraden und schlug mit seinem weitesten Abschlag den Ball 64,8 m weit. Zweimal mußte er den Ball aus dem Netz holen. Beim Führungstor der Borussen flog das Leder von seinem Hintern über die Linie.

In beiden Klubs rumort auch noch eine andere Spännung. Gehen Möller und Helmer nun nach Italien? Werden sie danach gefragt, tun sie so, als sei alles unklar. Helmer bestreitet sogar, daß für ihn

Geld eine Rolle spiele. Glaube das, wer will. Beide sind Nationalspieler. Sie verstehen also etwas von ihrem Beruf. Längst haben sie aber auch gelernt, ihre Fans für dumm zu verkaufen. Die Einbahnstraße auf den Lire lockenden Stiefel wird weiteren Zulauf erhalten: Da kann der Bundestrainer sonst was für Hierbleibe-Appelle loslassen. Am Ende siegt das Geld. Schade für den deutschen Fußball. Zum Glück braucht der Weltmeister nicht in die schon begonnene WM-Qualifikation. Sonst könnte Vogts sich durch den DFB tatsächlich in Italien ein Dauerquartier mieten lassen, um hier Länderspielvorbereitung zu betreiben.

Der Ghanese Yeboah hat für seinen Vertragspoker bei der Eintracht nach seinem Supertor in Dortmund guten Grund, auf jährlich 800 000 DM zu bestehen. Die will er nämlich künftig haben. Ein-

tracht braucht beim Titel-Endspurt einen voll engagierten Yeboah. Seltsam, daß die Italiener ihn bisher in Ruhe ließen. Im Dortmunder Westfalenstadion agierte beim Gipfel auch ein Mann, der sich unauffällig aber mit glasklaren Entscheidungen in die Spitzenzone der deutschen Schiedsrichter gebracht haben dürfte: Wieland Ziller aus dem sächsischen Königsbrück. Rundum Beifall für ihn. Meisterliches Spiel, meisterliche Leitung.

Zwei arge Verlierer: Dresden und Bayern. Auswärts bringen die Dynamos einfach zu wenig zustande. Ausgerechnet gegen sie brachen die Duisburger mit ihrer Erfolglosigkeit. Kann es da ein Trost sein, wenn auch die Bayern unten mit drin hängen? Wohl kaum. Morgen steht für Dresden das Nachholespiel in Wattenscheid an. Ein weiteres Schicksalsspiel. Auch für den Gastgeber.