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Komm, Erster Mai!

  • WIGLAF DROSTE
  • Lesedauer: 2 Min.

beitskraft geben, die also die wahren Arbeitgeber sind, und sie bezahlen sie immer zu schlecht -, ginge es also nach der Nase der „Arbeitgeber“ sich nennenden Arbeit-Nehmer, die Lohnabhängigen würden in Positionen von vor ca. 100 Jahren zurückgeboxt und hätten noch dankbar dafür zu sein. Denn das ist ja der Zweck, wenn man die, die ihre Arbeit geben, „Arbeitnehmer“ nennt: Ihnen das Bewußtsein, den Stolz, kurz: das Rückgrat brechen und sie auch noch verhöhnen. „Säg nicht am Ast, auf dem wir alle sitzen! “ hebt die auf anderer Leute Knochen reich gewordene Bande noch den Moralfinger - als ob „wir alle“ eine Fabrik besäßen (oder auch bloß besitzen wollten). Nein, den „sozialen Unfrieden“ muß man nicht herbeireden, er ist da. Er herrscht.

Freunde eines verschärfteren Unterhaltungsprogramms werden auch am diesjährigen Ersten Mai in Berlin-Kreuzberg gut versorgt: Dort findet, wie in jedem Jahr, die „letzte Schlacht“ statt: Junge Helden in schwarz treffen auf Vertreter des „Schweinesystems“ bzw., so will es der diesjährige Jargon, „der imperialistischen Ausbeuter-Powers“ in waldgrün. Nicht, daß mir das Herz bräche, wenn Scheiben von Bankfilialen klirren, Schnapsläden niedergetrunken und Polizeiautos angezündet werden, aber muß man „die Weltrevolution“ (darunter tun sie's nicht) bei der Polizei anmelden und sie jedes Jahr am selben Tag und im selben Bezirk begehen? Anstatt sie immer wieder räumlich und zeitlich ein bißchen zu verlegen, damit das Spiel für die Aktiven auf beiden Seiten und für die Zuschauer spannend bleibt? (Ein kleiner Leckerbissen am Rande, sind in jedem Jahr die Versuche des Kreuzberger alternativen Mittelstands, sozialarbeiterische Arschkriecherei als „Vernunft“ auszugeben und sich schlichtend zwischen die Kontrahenten zu stellen. Bisher haben sie noch immer bekommen, was sie verdienten: tüchtige Haue von beiden Seiten.)

Möglichkeiten, den Ersten Mai fröhlich und stimmungsvoll zu begehen, gibt es also reichlich. Mancher nimmt sich vielleicht auch nur still ein Winkelement und wedelt ein letztes Mal. Und drückt sich vor Rührung eine Träne ab, wg. „früher“.

Ich wünsche allen Beteiligten an den Feierlichkeiten zum Ersten Mai den Spaß, den sie sich wünschen. Auf daß es ein eindrucksvoller Tag werde, eben einer von 365 im Jahr.

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