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Nachgefragt

  • Lesedauer: 2 Min.

Wolf gang Schäuble, der Einheitsmacher, wird heute abend nach dem Willen der ARD-Fernsehmacher im Kreuzverhör stehen. Bürgerbewegte, wie Friedrich Schorlemmer, Wolfgang Templin, Bärbel Bohley und Freya Klier fragen nach nicht den Bonner Unterhändler des Anschlußvertrages, sondern beispielsweise den Unterhändler der Bundesregierung, der Geschäfte mit Alexander Schalck-Golodkowski machte. Um 20.15 Uhr läuft die Dokumentation „Als Erich noch auf dem roten Teppich stand“ über Auswirkungen Bonner Deutschlandpolitik, 23 Uhr dann dazu eine Diskussionsrunde. Den bürgerbewegten Ossis sitzen die Wessis Egon Bahr, Theo Sommer und Wolfgang Schäuble gegenüber.

Es kann eine wirklich spannende Debatte werden. Schäuble, der Kenner der deutschdeutschen Intimpolitszene, könnte sicher eine Menge pikante Dinge erzählen. Über seine Verhandlungen mit Koko zum Beispiel und über die seltsame Metamorphose eines Devisenbeschaffers, der einst für Bonner Politiker stets der richtige und seriöse Geschäftspartner war, zum Bösewicht der gesamtdeutschen Nation. „Es kann nicht sein“, so Wolf gang

Templin, „daß Schäuble und andere nichts von Schalcks Stasi-Connection wußten. Hier wird eine Menge unter der Decke gehalten und das hat mit Demokratie nichts zu tun.“

Bei Menschen, wie Wolfgang Templin, ist Empörung glaubhaft. Schalck-Ausschuß und Stasiakten brachten so manches ans Licht, was die Bonner lieber vergessen hätten. Ein bißchen komisch mutet dagegen an, wenn sich bundesdeutsche Politgrößen heute vor Empörung kaum fassen können, angesichts enthüllter KoKo-Geheimnisse. Folgt man ihnen, so hat sie zu DDR-Zeiten überhaupt nicht interessiert, wer Schalck-Golodkowski war und wo er seine Partner hatte. Hauptsache der Mann schob die flüchtenden Tamilen schon vor der bundesdeutschen Grenze ab.

Dazu also soll heute abend nachgefragt werden. Wer einmal im Schalck-Ausschuß gesessen hat, wird dem von vornherein desillusioniert entgegensehen. Keiner der sogenannten maßgeblichen Leute dieser BRD ist an der Wahrheit interessiert. Und Männer wie Gauss reden, weil es sie nicht mehr betrifft in ihrer Nische. Selbstverständlich gibt es ein paar Träumer, die gern wissen möchten, wie es war. Sie werden sich an der De^ mokratie die Köpfe einrennen.

KATHRIN GERLOF

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