nd-aktuell.de / 30.04.1992 / Brandenburg / Seite 10

Drei Generationen Glaskunst

Es liest sich wie eine gute, alte Handwerkergeschichte aus vorindustriellen Zeiten. Am Anfang war der Vater, er gründete ein Familienunternehmen, und die Familie, das heißt der Sohn und der Enkel samt ihren angeheirateten Frauen, machten mit. Bis heute, denn diese Geschichte ist noch nicht zu Ende.

Am Anfang also war Ernst Precht (1892-1969). Anläßlich seines hundertsten Geburtstages zeigt die „Galerie Painen“ Holzschnitte und Lithographien von ihm. Landschaftsmotive, Porträts der Schwester und Selbstporträts, die tatsächlich die Aura einer fernen, ärmlichen Zeit atmen. Das Dunkel überwiegt, die Natur, auch das Heimatmotiv, wirken eher bedrohlich als harmonisch, der Mensch ist von den Bedingungen seiner Existenz gezeichnet. Neben der graphischen Kunst aber beherrschte Ernst Precht auch das Glasbläserhandwerk, das er in der väterlichen Christbaumschmuck-Werkstatt erlernt hatte (insofern reicht die Geschichte also noch weiter zurück).

Die Glasbläserei wurde zunächst von Ernsts Sohn Volkhard, dann von dessen Sohn Ulrich Precht erlernt. Beide hatten das Glück, Frauen zu heiraten, die ihr handwerkliches und ästhetisches Interesse teilten. Heute arbeiten beide Ehepaare als freischaffende Künstler im thüringischen Lauscha. In diesem Zentrum des, oft in Heimarbeit hergestellten, Glas-Kunsthandwerks bleiben die Ehepaare Precht ihren künstlerischen Maximen an den kleinen, von Volkhard Precht entworfenen „Studio-Öfen“ treu. Diese gegenüber der ästhetischen Moderne geöffneten Maximen beruhen gerade in der jüngeren Generation, bei Susanne und Ulrich

Precht, auf einem Studium an der „Hochschule für Industrielle Formgestaltung“ Burg Giebichenstein bei Halle.

Die meisten der ausgestellten Glasarbeiten sind Vasen. Die eingearbeiteten Natur-Motive wirken aber niemals heimatlich-idyllisch. Stadtmotive sind ebenso appliziert wie Naturphänomene. Dafür haben die Künstler alle erdenklichen Techniken benutzt: Farbauftrag, die Einarbeitung verschiedenfarbiger Bruchstücke in die noch weiche Glasmasse, den Einzug bunter Glasfäden. So sind Objekte für eine sachliche Wohnkultur entstanden, die sich hier und da ein künstlerisches Kleinod leistet. Keine Gegenstände ästhetischen Aufbegehrens, aber auch keine Ikonen des bürgerlichen Kitsches.

Den modernsten Ausläufer der Prechtschen Glaskunst stellen die „Glasbilder“ von Susanne Precht dar. Dabei handelt es sich keinesfalls um bemaltes Glas - vielmehr um Fragment-Applikationen auf Flachglas. Mittels der Sandstrahltechnik, aufgeklebten Glasbruchstücken und eingefügten Metallrahmen sind abstrahierende, aber durchaus farbintensive Reflexionen der modernen, urbanen Wirklichkeit entj standen. Verschwommene Stadtsilhouetten, Blicke durch.Markisen, kalligraphische Experimente, Auseinandersetzungen mit der Zeichenwelt der Werbung. Die Beziehung zwischen den frühen Graphiken und den späten Glasbildern stiftet freilich allein der familiäre Zusammenhang. RENE MELZER

.. Galerie Painen, Bahnhofstr. 38, Lichterfelde: Drei Generationen der Glaskünstlerfamilie Precht, Lauschau. Bis 22. Mai, Mi 14-18, Sa 10-18 Uhr.

Theiteriiden. Stresowstr. 19, Spandau,

Tel. 33135 82: “

Fr-So: „Die Zofen“ (20 Uhr)

Theatermanufaktur. Hallesches Ufer 32,

Kreuzberg, Tel. 251 09 41:

Fr, Sa: „Turandot oder Der Kongreß der

Weißwäscher“ (20 Uhr)

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20.00 U Theater a.Kurfürstend. 882 3719 Premiere