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  • Politik
  • 93,4% ,Ja' bei Referendum /Teilnahme gering Stolpe: .bestätigt' / Diestel will Fink-Rücktritt

Brandenburger nahmen Verfassung an

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Potsdam (ND/dpa). 93,4 Prozent der Brandenburger, die sich am Sonntag am Referendum über die Landesverfassung beteiligten, stimmten nach ersten Hochrechnungen mit „Ja“. Damit ist die Verfassung angenommen, denn eine einfache Mehrheit hätte genügt. Allerdings beteiligten sich laut infas nur 48,0 Prozent der knapp zwei Millionen wahlberechtigten Bürger Brandenburgs am Volksentscheid. Die Brandenburger gilt als eine der modernsten deutschen Landesverfassungen. Sie erklärt die soziale Absicherung sowie eine ausreichende Versorgung der Bürger mit Arbeit und Wohnung zu Staatszielen und räumt ihnen direkte Beteiligungsmöglichkeiten an der Gesetzgebung ein. Der 117 Artikel umfassende Entwurf war im April gegen die Stimmen einiger CDU-Mitglieder im Landtag gebilligt worden.

Ministerpräsident Stolpe sieht das klare Votum der Bevölkerung als eindeutige Bestätigung für den politischen Kurs der Potsdamer Ampelkoalition aus SPD, FDP und Bündnis 90. Er bedauerte am Sonntagabend aber<lie geringe Beteiligung. Sie zeige, daß die wirtschaftlichen und sozialen Tagesprobleme die Menschen bedrücken und daher mehr interessieren als Verfassungsfragen. PDS/LL-Fraktionsvorsitzender Bisky sagte gegenüber ND: „Die Leute haben die Nase voll von der Politik, fühlen sich betrogen, unabhängig von der Verfassung. Frust macht sich breit. Aber ohne die Verfassung kann man die Probleme nicht lösen.“ Der Fraktionschef des Bündnis 90, Günter Nooke, bezeichnete das Ergebnis als „gute Sache“, denn für Demokratie und Rechtsstaat „sind wir auf die Straße gegangen“.

In CDU-Hochburgen haben laut infas über 91 Prozent der Verfassung zugestimmt. In Lauchhammer, einer dieser Hochburgen, beteiligten sich nur knapp 30 Prozent am Referendum. Kanzler Kohl, der am Freitag die Region besuchen wird, müsse sich „auf einiges gefaßt machen“, erklärte der Kreiswahlleiter.

Von den Wählern, die bei der Landtagswahl 1990 der CDU ihre Stimme gegeben hatten, votierten im Landesdurchschnitt 79 Prozent für die neue Verfassung Brandenburgs. Unter SPD-, PDS- und Bündnis 90/Grüne-Wählern lag die

Zustimmung bei jeweils 98 Prozent. FDP-Parteigänger stimmten zu 93 Prozent dafür.

In einer Diskussionsrunde des ORB sagte der frühere CDU-Fraktionschef des Landtages, Peter-Michael Diestel, Fink müsse, nachdem nur sieben Prozent seiner Aufforderung zum Nein gefolgt seien, Konsequenzen ziehen. Wer Nichtwähler für sich in Anspruch nehme, habe das „Recht verspielt, Politik zu machen“.

Eine weitere infas-Analyse er--gab, daß die Brandenburger mehrheitlich wegen des Rechts auf Arbeit und auf Wohnung für die Landesverfassung votiert hätten. 71 Prozent stimmten wegen des verankerten Rechts auf Arbeit und 62 Prozent wegen des Rechts auf eine Wohnung für die Verfassung. Weitere Gründe für ein „Ja“ waren infas zufolge die in dem Gesetz festgeschriebenen Elemente der direkten Demokratie (36 Prozent) und die Einschätzung, daß die brandenburgische Verfassung besser sei als das Bonner Grundgesetz (42 Prozent).

Mit einem offiziellen Gesamtergebnis über den Brandenburger Volksentscheid ist nach Angaben von Landtagspräsident Knoblich Mittwochfrüh zu rechnen. Nach Ablauf einer vierwöchigen Einspruchsfrist und der Abstimmungsprüfung durch den Hauptausschuß soll die Verfassung am 5. September in Kraft treten.

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