nd-aktuell.de / 15.06.1992 / Kultur / Seite 6

Blödelsongs von der intelligenten Art

CLAUDIA WINTER

Irgendwie fühlte ich mich wie auf einem Kindergeburtstag beim Konzert der Prinzen im Metropol am Berliner Nollendorfplatz. Tobias Künzel ordnete an, jetzt schnippen alle mit dem Finger, und alle schnippten. Dabei amüsierte sich der ganze Saal wie Bolle. Der Erfolg der Prinzen liegt zweifellos in ihrer scheinbaren Naivität. „Robin Hood ist tot, und jetzt kämpfe ich gegen das Unrecht in der Welt.“ Ihr Hit „Gabi und Klaus“ ist eine erfrischend traurige Liebesgeschichte, über die man herzlich lachen kann. Humor ist selten genug in der

deutschsprachigen Rock- und Popmusik.

Sie lieben Blödelsongs, keine in der Gottlieb Wendehals Biertischmanier, sondern intelligente mit Pfiff wie: „Wie Kohl-lumbus den sächsischen Volksstamm entdeckte“ Humor und musikalisches Format heben sie aus dem Einerlei der Popmusik heraus. Sauberer A-cappella-Gesang gehört zu den Raritäten der Popmusik. Manches wird vom Keyboard und Schlagzeug begleitet, das allerdings im Metropol sehr schepperte.

Die Bühnenshow der Prinzen bleibt allerdings hinter dem musikalischen Vermögen der Truppe zurück. Da wird leider oft Biertischfröhlichkeit auf die Bühne gezerrt. Und warum stellen sich die Leipziger so in die Sexecke? Ihr Hüftschwenken wirkt nicht gerade komisch. Die naiven Ex-Thomaner-Knaben, jetzt endlich können sie ihre sexuelle Freiheit genießen. Oder?

Die Ausbildung als Thomaner und das spätere Studium an der Leipziger Hochschule für Musik sind das Fundament des Erfolgs.

Als Herzbuben gewannen sie den Nachwuchspreis „Goldener Rathausmann“, waren bereits zu DDR-Zeiten mit ihrem Humor eine Ausnahme. Einige Parodien aus dieser Zeit sind noch im Programm. Sie setzten den Weg nach oben nahtlos unter den Bedingungen der Marktwirtschaft fort. In-' telligenter Humor wird eben immer gebraucht.

Ihre erste Plätte ist gelungen, die zweite schon so gut wie fertig. So hübsche Stücke wie „Träne“, ein der klassischen Art nachempfundenes Lied, sind darunter.