nd-aktuell.de / 17.08.1992 / Brandenburg / Seite 8

Ost-Rock welkt – Krach als Psychoanalyse?

Nun, es war Krach. Krach als Lebensphilosöphie, als Überlebensphilosophie? Krach als Psychoanalyse, als Abreaktionselement?

Nun, die Technik pennte. Die Musik war meist zu laut und zu hoch ausgesteuert. So blieben die Bässe in den feucht-kalten Luftschwaden hängen, die Stimmen gingen oftmals „verloren“

Nun, die Organisation schlampte. Mangelnde Absperrung zwischen Zuschauern und Bands wurde durch die Bodies der Guards ersetzt. Es war wenig zu sehen.

Nun, die Security war mächtig auf Draht. Wollten doch einige ganz Sparsame die Zäune erklimmen. Man begegnete ihnen, ohne groß zu lamentieren, mit einem recht häßlich anzusehenden, kleinen, unförmigen Hund. Ein Kampf hund, noch dazu ohne Maulkorb.

Nun, die Preise dieses von „Nord Ost Rock e.V “, „Rockradio B“ und „tip“ präsentierten „Silvester im August“ waren bestens, soll heißen: tiefstens.

Das war dann mitnichten ausschlaggebend für anfängliches Picknickgelage. Bier- und Weinflaschen wurden von Hand zu Hand gereicht, man kuschelte und küßte sich; um die sich vorn abmühenden Musiker jedenfalls kümmerte sich die schlanke Masse von 4 000 herzlich wenig. Warum auch? In Lautstärke, verzerrten Bässen, dröhnenden Schlagzeugen und unverständlichen bis nichtssagenden Texten standen sich die Bands in keiner Weise nach.

Wie Vorbands, wirkten Cosmic Comic Connection Cowboys, De Feixen und D.o.O mit ihren hilflosen Versuchen, Stimmung in die Kleine Freilichtbühne der Wuhlheide zu bringen. Conferencier Geyer (Die Vision) bemühte sich da schon erfolgreicher. Erste zaghaft Tanzende waren bei Need a New Drug aus Sachsen zu sichten.

Richtig in Wallung kamen die noch unterforderten Gemüter erstmals bei Noname. Die aus verschiedenen musikalischen Ecken zusammengewürfelte Band fiel jedoch nach ihrem schwungvollen Auftakt auf das Niveau einer Noname-Band.

Nach diesem ersten Test der Bewegungsqualitäten übermannte die Bewegungs-Protagonisten wieder nachmittägliche Mattheit. Gegen Abend mobilisierten sich linksanarchistische Warteschlangen an den vegetarischen Imbißständen. Daß gesunde Lebensweise ihren (überhöhten) Preis hat, schien wohl: