Wenn die Scheidung beschlossen ...

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Zwei Tage vor seinem Freitod im Dezember 1996 setzte ein Mann seine zwei ehelich geborenen, minderjährigen Kinder als alleinige Erben ein. Diese lebten bei der Mutter, die ihren Mann schon 1992 verlassen und im Frühjahr 1996 die Scheidung eingereicht hatte. Als es nach dem Tod des Mannes um die Erbschaft ging, meldete sich dessen nichteheliche Tochter. Sie war der Ansicht, ihr stehe mehr zu als der Pflichtteil von einem Zwölftel, den ihr die Erben zugestehen wollten: Als der Vater starb, sei seine Frau nicht mehr pflichtteilsberechtigt gewesen, da sie die Scheidung beantragt und der Vater eingewilligt habe. Deshalb stehe ihr, der Tochter, ein Pflichtteil von einem Sechstel zu. Dieser Meinung war auch das Oberlandesgericht (OLG) Köln (2 U 129/02). Das Paar habe seit vier Jahren getrennt gelebt, der Verstorbene habe der Scheidungsklage seiner Frau zugestimmt. Zwar habe er noch keine förmliche Erklärung beim Familiengericht in dieser Frage abgegeben, räumte das OLG ein. Er habe aber in den Monaten vor seinem Tod klar dokumentiert, dass er die Ehe ebenfalls für gescheitert hielt und mit der Scheidung einverstanden war. So stehe in einem anwaltlichen Schreiben des Mannes vom August 1996 ausdrücklich, dass er das Votum des Jugendamts akzeptiere, das Sorgerecht für die Kinder der Mutter zu übertragen. Im Dezember 1996 seien also die Bedingungen für eine Ehescheidung erfüllt gewesen. Damit sei das gesetzliche Erbrecht der Ehefrau ausgeschlossen. In Folge dessen betrage der Pflichtteil, den die ehelichen Kinder als gesetzliche Erben des Mannes dessen unehelicher Tochter auszahlen müssten, 18 000 DM (bei einer Pflichtteilsquote von einem Sechstel). Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 22. Januar 2003 - 2 U 129/ 02
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