nd-aktuell.de / 16.11.1992 / Kultur / Seite 12

Rettung durch Reprisen?

Peter Hof

Was haben die öffentlichrechtlichen Fernsehanstalten mit der verewigten DDR gemeinsam? - Auch ihnen laufen die Leute weg. Ob Elstner oder Gottschalk, sie haben sich zu den Privaten abgesetzt, und ARD und ZDF entgelten die Treue der wenigen, die ihnen geblieben sind, mit Ehrungen. Beispielsweise mit dem „Telestar“, einer häßlichen Kleinplastik, die eine Künstlerin mit Rückgratverkrümmung darstellt, die ihrerseits durch einen leeren Bildschirmeach schaut. Die Leere des plastischen Fernsehschirms mag für das gegenwärtige Programmangebot stehen, denn bei der diesjährigen Preisträgerveranstaltung wurden in der Tat die Einäugigen unter den vielen Blinden (oder besser: Blindgängern) des Jahresprogramms gewürdigt.

Wer anders als Senta Berger sollte den Preis (für ihre Rolle in Frank Beyers Zweiteiler „Sie und Er“) beanspruchen dürfen, wenn es doch an anspruchsvollen Fernsehfilmen fehlte; auch die Auszeichnung von Günter Strack war zu erwarten, denn das hessische Schwergewicht gehört zu den meistbeschäftigten Fernsehmimen. „Diese Drombuschs“, ebenfalls geehrt, sind eine Se-

rie „im Volkston“, kleinbürgerlich harmlos, wie man das Volk offensichtlich gern sieht, also erhielt ihr Autor die Statuette. Und wenn es einem jungen Reporter schon gelungen ist, in die Altherrenriege des „Aktuellen Sportstudios“ einzudringen, verdient dieser Umstand seine Würdigung.

Das öffentlich-rechtliche deutsche Fernsehen scheut Innovationen. Die Programme altern. Reprisen früherer Erfolge, beispielsweise der „Kommissar“-Serie, machen den Qualitätsabfall deutlich. Man setzt heute auf „Nummer sicher“: Was anderswo Erfolg hatte, wird aufgewärmt. Das Unerprobte wird gemieden, und man scheut bei den Öffentlich-Rechtlichen auch nicht mehr die Finazierungsmethoden der Privaten. Die Verkehrssituation im Frühstücksfernsehen zahlt eine Einzelhandelskette, eine Großgärtnerei stiftet den Blumenschmuck für „Marienhof“. Jetzt kommen die Reiseveranstalter zu ihrem Werberecht. Sie sponsern den Ferienaufenthalt ganzer Drehteams an den „schönsten Plätzen dieser Erde“.

Die neue ARD-Serie „Sterne des Südens“ von Berengar Pfahl (Buch und Regie), die der dreizehnteiligen Serie drei

(!) Pilotfilme vorausschickt, baut auf dem Erfolg von „Traumschiff“ und „Hotel Paradis“ auf. Es geht um Animateure, Lustigmacher und Beschäftigungstherapeuten für frustrierte Gruppenreisende in deutschen Urlauberkolonien rund um die Welt. Thema: Auch diese immer fröhlichen und freundlichen jungen Leute haben ihre Probleme, und die Urlauber sind langweilige Schnarchsäcke, die alle so ihre Macken haben.

Anterthalb Stunden dauerte der erste Film, in dem Chris (Mark Keller) seine bisherige Freundin Beatrice (Caroline Schröder) verabschiedet und in der hübschen Griechin Katharina (Maria Ketikidou) seine große Liebe und in dem anfangs fiesen Koordinator (Volker Lippmann) dann am Ende doch noch einen Freund findet. Diese anterthalb Stunden waren neunzig Minuten zu lang. Die nächste Folge führt in einen anderen Ferienclub in Tunesien, Fuerteventura, Sri Lanka oder wo auch immer - der sicher nicht weniger langweilig ist, als jener auf Kreta in „Kein Platz für Dean Martin“, dem ersten Film Fazit: Ich meide künftig diese Serie wie auch Gruppenreisen in irgendwelche „Ferienparadiese“.

PETER HOFF