Olympische Spiele im Roten Rathaus

„Ein feste Burg ist unser Gott.. “ Leise dringt die zarte Melodei durch die verbarrikadierten Türen und Fenster des Roten Rathauses. Silvester 1999. Ein verschworener Haufen - einst als Senat der deutschen Hauptstadt in Rang und Namen - hockt beieinand.

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Treppenfenster in' deii Tnneri-Hof f geft«illtf 1 „Es lebe«ate“freit* Republik!“ Doch keiner unterbricht den Singsang. Zu oft schon hat man derlei Aberwitziges vom Treppenfenster her vernehmen müssen. „Burgkoller“,, der Gesundheitssenator fordert Sicherheitsverwahrung. Im Etablissement Moabit vielleicht, meint die Kollegin für Justiz. Hier jedoch breche keiner aus. Wo solle er denn auch hin.

Nun, da die Verwaltungsreform gescheitert, ist die Hauptstadt aller Deutschen zerfallen. Charlottenburg ist Kaiserpfalz. Steglitz ein Großherzogtum. Wenn von der Grafschaft Schöneberg die Rede ist, wimmert es aus dem Treppenfenster: „Mein schönes Rathaus!“ Doch damit nicht genug: Prenzlauer Berg trägt laut UNESCO-Beschluß den Status „Denkmal der Weltkultur“ und ist vollkom-

men eingezäunt. Marzahn hat die Wühle ausgebaggert und will Hanse-Stadt werden. Kreuzberg ist eine Autonome Islamische Republik mit Sitz in der UNO. Das Königreich Mitte erkennt den Palast der Republik als legitimes Folgebauwerk des einstigen Stadt-

''^chlögsSs^anrEine alte “Seilschaft' befaßt sich mit der

'“ÜBefaathüfigl'Der überflüssige Ex-Senat sitzt nun im trutzigen Roten Rathaus. Im Exil.

Doch die Senatoren basteln an ihrem Comeback. Mit einem verwegenen Projekt -Olympische Spiele 2000 im Rathaus. Das gab's noch nie! Und, die Mitglieder der Rathausrunde sind als Aktive dabei! Die Sportarten allerdings werden den Möglichkeiten der Helden angepaßt:

Perspektivisches Weitschauen vom Turm: Wer eine Stunde schaut, nichts sieht und den Glockenschlag im Tiefschlaf übersteht, gewinnt. Der Vize-Präsident des Parlaments gilt als Favorit.

Geldschaufeln: Geld wird aus dem Fenster geworfen. Wer am meisten wiederfindet, ist Sieger. Der Finanzsenator lehnt eine Teilnahme ab. Was der wirft, kommt ohnehin nie