nd-aktuell.de / 04.01.1993 / Politik / Seite 7

bien die „letzte Schlacht“ der Guerilla Lateinamerikas ist.

Jedes Land hat seine Eigenheiten. In Kolumbien gab es seit Erlangung der Unabhängigkeit vor 170 Jahren praktisch kein Jahrzehnt ohne bewaffnete Konflikte. Die Politik der herrschenden Klasse hat die Bevölkerung immer wieder dazu gezwungen, sich bewaffnet zur Wehr zu setzen. Und solange das so bleibt, werden wir die Waffen im Dienste einer radikalen sozialen und ökonomischen Umwälzung behalten. Und große Teile der Bevölkerung verstehen das.

Tatsache ist aber, daß die CGSB in den Städten, außer Medellin, wenig präsent ist. Und vor wenigen Wochen haben Intellektuelle, darunter

auch Gabriel Garcia Marquez, in einem Brief die CGSB scharf angegriffen.

Wir haben uns in den letzten Jahren den urbanen Zentren genähert. In Medellin gibt es heute mehrere Tausend Volksmilizionäre, und auch in Bogota ist der Einfluß größer geworden. Die städtische Mittelschicht bringt uns zwar wenig Sympathie entgegen, aber es gibt so etwas wie einen zunehmenden Austausch mit ihr.

Diejenigen, die den Brief der Intellektuellen unterzeichnet haben, befinden sich schon seit längerem im Fahrwasser der Regierung. Gabriel Garcia Marquez z. B. gehört zu den Hauptaktionären eines der rechtesten Nachrichtensender in Kolumbien, als Linker kann er kaum noch gelten. Es ist doch absurd, die Gewalt auf die Existenz der Guerilla zurückzuführen, als ob das soziale Elend, die Ausbeutung, die Repression und der schmutzige Krieg mit der Situation nichts zu tun hätten.

Umfragen zeigen die niedrigsten Sympathiewerte für die Guerilla in den letzten 20 Jahren...

Es ist doch bekannt, wer

solche Umfragen in Auftrag gibt und finanziert.

Wie sehen die verstärkten Anstrengungen der Guerilla in den Städten aus?

Nach den Erfahrungen mit dem schmutzigen Krieg gegen die Opposition, der nach Angaben von Bürgerrechtsorganisationen seit 1987 über 10 000 Linke das Leben gekostet hat, wird legale politische Arbeit in der Bevölkerung kaum noch für möglich gehalten. Die Leute wollen, wenn sie sich organisieren, auch in der Lage sein sich zu verteidigen. Organisation - egal ob es sich um ein Stadtteilkomitee, eine Gewerkschaft oder eine ander Bewgung handelt - bedeutet unter kolumbianischen Bedingungen also immer auch Aufbau einer Selbstverteidigung in Gestalt von Milizen. Beim Aufbau solcher Selbstverteidigungsgruppen spielt die Guerilla eine zentrale Rolle. In Medellin z. B. haben die Volksmilizen inzwischen Banden, Polizei und Drogenhandel, was ja in vielen Fällen zusammengehört, aus den Armenvierteln verdrängt. Das hat den Milizen in den unterschiedlichsten Sektoren Respekt eingebracht, und inzwischen gehören mehrere Tausend Menschen zu den Milicias Populäres.