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  • Kultur
  • Premiere von Rossinis Märchenoper „La Cenerentola“ in, Halle fand begeisterte Aufnähme ?- aber das Opernhaus-ist weiter in Gefahr

Happy end nur für das Aschenputtel?

  • Lesedauer: 3 Min.

Gioacchino Rossinis „La Cenerentola“ war für das hallesche Opernhaus in mehrfacher Hinsicht eine Premiere: Hier erlebte man diese reizvolle Version des Märchens vom Aschenputtel überhaupt zum ersten Mal, zugleich war es der Einstieg von Intendant Klaus Froboese als Regisseur in seinem Haus. In Jacopo Ferrettis Libretto machen der verarmte Baron Don Magnifico als Stiefvater und seine beiden Töchter Clorinda und Tisbe dem Aschenputtel Angelina das Leben schwer. Die Verhökerung einer seiner Töchter an den heiratslustigen Fürsten Don Ramiro soll Magnificos Finanzen wieder aufhelfen.

Der Schluß mit versöhnender Geste ist sehr viel humaner als sonst.

Das 1817 urauf geführte Werk ist mit Schwung und Melodienseligkeit unverkennbarer Rossini. Andererseits gibt es viele Passagen von Nachdenklichkeit und Zartheit. Ebenso fehlt es nicht an Ironie, besonders signifikant in dem, auch hinreißend dargebotenen, Staccato-Sextett des vierten Bildes.

Froboese ließ das Märchen ohne ideeliche Überfrachtung unter großem schauspieleri-

schem Einsatz mit Witz, Charme und Gags erzählen. Hervorragend dabei der Herrenchor des Hauses (Einstudierung Dietrich Schlegel), der nicht nur ausgezeichnet sang, sondern auch in der Aktion brillierte (Kabinettstücke die Kutschfahrt im Gewitter und der Aufmarsch der Hofbediensteten zum Bankett). Gabriele Erhard gab der Angelina in jeder Hinsicht sympathische Gestalt, und Nils Giesecke (Ramiro) konnte alle Vorzüge seines schlanken und mühelosen Tenors entfalten. Anke Berndt war eine wun-

derbar zickige Clorinda, während Maria Petrasovskä (Tisbe) und Jürgen Trekel (Don Magnifico) sich als umwerfend komische Talente offenbarten. Gerd Vogel (Dandini) und Gisbert Zimmer (Alidoro) komplettierten das sich stimmlich und darstellerisch in prächtiger Verfassung präsentierende hauseigene Ensemble. Erhöht wurde die Wirkung durch den italienischen Originaltext. Daß die eingeblendeten Texthilfen schwer zu entziffern waren, vermochte den Genuß der

stets verfolgbaren Handlung nicht zu beeinträchtigen.

Bernd Leistner hatte ganz auf Handlung und Musik eingestellte märchenhaft-heitere Bühnenbilder und Kostüme geschaffen. Das Händelfestspielorchester war von Anfang an voll bei der Sache. Karl-Heinz Zettl sorgte für die beeindruckende Umsetzung der Partitur, die dem zündenden Rossini ebenso gerecht wurde (bisweilen hatten die Sänger Mühe, mit dem Tempo Schritt zu halten) wie der liebevollen Charakterisierung der zarten und rührenden Szenen.

„La Cenerentola“ ist ein weiterer künstlerischer Höhepunkt für das vom Rotstift bedrohte Opernhaus Halle, das Publikum spendete begeisterten Beifall. Es ist kaum einzusehen, weshalb die Hallenser, um ein so schönes, kulturvolles und auf hohem musikalischen Niveau stehendes Theatervergnügen zu erleben, nach Leipzig oder anderswohin fahren sollen. Aber genau das hat der städtische Finanzchef Brisken (SPD) im Zusammenhang mit seiner Absicht, dem Opernhaus die Geldzufuhr abzudrehen, just am Tage dieser Premiere in der örtlichen Presse verkündet.

Dr. CLAUS HAAKE

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