nd-aktuell.de / 04.01.1993 / Sport / Seite 16

Handball ja, aber nie im Tor

Auf dem Parkett ist er nicht zu übersehen. Weniger wegen seiner Größe oder seiner Statur. Markenzeichen des Oleg Gagin, Profi beim TUS Nettelstedt (2. Bundesliga), ist seine hohe Stirn. Im Spiel selbst brilliert der heute 35jährige Moskauer mit manchen Finessen. Beim vom Leistungsniveau leider nur zweitklassigen diesjährigen Berliner Neujahrsturnier war er neben seinem russischen Landsmann Rymanow die Stütze der internationalen Mannschaft, die hinter Minsk den zweiten Platz belegte.

Das Turnier verbindet sich mit zwei Aussagen: Gegen Ausländerfeindlichkeit, für Olympia 2000 in Berlin. ..

In Rußland sagt man, das Böse ist immer aktiv. Um es zu besiegen, muß das Gute mobil werden. Ich halte deshalb das Anliegen des Turniers für eine sehr gute Idee. Nur ein sehr kleiner Teil der Deutschen ist fremdenfeindlich. In Nettelstedt fühle ich mich mit meiner Familie sehr wohl. Gerade

deshalb erachte ich es als sehr wichtig, Zeichen zu setzen. Es war für mich ein schönes Gefühl zu erleben, wie die deutschen Zuschauer in der Halle uns Ausländer anfeuerten.

War das Ihr erstes Berliner Neujahrsturnier?

Ja, es ist nur schade, daß die Besetzung so schwach war.

Bei einem Siebenmeterwurf, bei dem Sie wie ein Bohle-Kegler den Ball als Kugel ins Tor schoben, hatten Sie die Lacher auf Ihrer Seite.

Für einen Torhüter ist ein Siebenmeter immer eine schwierige Angelegenheit. Bei einem plazierten scharfen Wurf hat er keine Chance. Doch es kommt nicht immer auf die Schärfe an. Überraschungen tuen es auch. Natürlich weiß ich, daß bei solch einer Ausführung der Schütze den Beifall des Publikums auf Kosten des Torhüters einheimst. Deshalb praktiziere ich-solche Varianten auch nur bei freundschaftlichen Vergleichen;

Sie können sich gut in die Lage eines Torhüters hineinversetzen?

Mit 15 nahm ich zum ersten Mal an einem richtigen Handballtraining teil. Der Trainer fragte: Wer geht ins Tor. Keiner wollte. Also wurde ich delegiert. Nach 20 schlimmen Minuten zwischen den Pfosten stand für mich fest: Entweder raus aus dem Tor oder nie wieder Handball. Daran habe ich mich bis heute gehalten.

Ohne Handball ist ein Leben für Sie nicht vorstellbar?

Von Beruf bin ich Flugzeugingenieur. Ich habe am MAI in Moskau studiert, mein Diplom gemacht. Doch seit meinem Abschluß vor zehn Jahren habe ich nahezu alles wieder vergessen. Meine selbstgestellte Perspektive drückt sich »in drei Worten aus: Spieler (so lange wie möglich), Spielertrainer (als Abschluß der aktiven Laufbahn), Trainer.;

Das Gespräch führte