Viel Technik und wenig Umwelt

Neue Diskussionsrunde über gesundheitliche Auswirkungen des Mobilfunks

Zur »Versachlichung der Diskussion« über Mobilfunk und Elektrosmog sollte letzte Woche ein Fachgespräch mit Journalisten unter dem Titel »Mobilfunk und Umwelt« beitragen, das von der Deutschen Umwelthilfe und der Telekom-Mobilfunktochter T-Mobile organisiert worden war.

Auch wenn sich der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Jürgen Resch, gegenüber ND durchaus stolz auf Erfolge zeigt, die seine Organisation auch gegen die Industrie durchgesetzt habe - Stichworte sind Dosenpfand oder der Dieselrußfilter -, so schien beim Mobilfunk-Fachgespräch gerade der Umweltaspekt unter den Tisch zu fallen. T-Mobil legte großen Wert darauf, den Medienvertretern technisches Verständnis über die GSM- und UMTS-Netze zu vermitteln. Man fand sich sogar auf dem Dach des Berliner Hotels Maritim wieder, auf dem T-Mobil mehrere Antennenanlagen betreibt. Die vor aller Augen gemessenen Werte lagen weit unter den in der 26. Bundesimmissionsschutzverordnung (BimSchV) festgelegten Grenzwerten. Die UMTS-Antenne, die kurz mit voller Leistung geschaltet wurde, erhöhte die Exposition mit elektromagnetischer Strahlung um etwa ein Drittel.
Vor gut drei Jahren waren die UMTS-Lizenzen bekanntlich für etliche Milliarden Euro versteigert worden. Damals verpflichtete man sich, bis 2003 die UMTS-Versorgung der Bevölkerung zu 25 Prozent zu gewährleisten. 2005 sollen 50 Prozent Abdeckung erreicht sein. Im Allgemeinen hinken die großen Anbieter heute dem Ziel weit hinterher. Zu den Gründen heißt es: Die Technik funktioniere noch nicht zuverlässig und der Ausbau der Netze stocke. Auch die Marktchancen der Technik würden hier und da angezweifelt.
Laut einer aktuellen Befragung des Meinungsforschungsinstituts NFO Infratest in München wissen nur 29 Prozent der Handynutzern, wofür der Mobilfunkstandard UMTS überhaupt gut ist. Das ficht den Geschäftsführer Technik von T-Mobile Deutschland, Joachim Horn, nicht an. Auf ND-Anfrage, wie er überhaupt die Marktchancen für UMTS einschätze, zeigte sich Horn optimistisch, dass die Menschen das neue Angebot annehmen werden. Das Berliner Netz stehe ohnehin kurz vor seiner Inbetriebnahme. Einzig die Versorgung der Bevölkerung mit UMTS-fähigen Geräten hinke dem noch hinterher.
Beim Netzausbau für UMTS will T-Mobile alte Fehler offenbar nicht wiederholen. Mehr als bisher sei man bestrebt, den Kommunen bei der Standortauswahl entgegen kommen, nicht zuletzt wegen der 2001 abgeschlossenen und 2003 konkretisierten freiwilligen Selbstverpflichtung der Industrie. Die schreibt eine bessere Information und Zusammenarbeit mit Kommunen vor. »Zu etwa 70 Prozent werden die bisherigen GSM-Standorte auch für UMTS nutzbar sein, 30 Prozent müssen neu errichtet werden«, schätzte der Leiter Technik der Berliner T-Mobile-Niederlassung, Peter Eisenach.
Diplom-Physiker Michael Karus, Geschäftsführer des Hürther nova-Instituts, wusste aus Kommunen eher von negativen Erfahrungen zu berichten. Der Einfluss der Kommunen auf die Standorte beschränke sich auf einen so genannten Suchkreis - den Radius, der laut Betreiberfirma für einen Standort einer Basisstation in Frage kommt. Karus wünscht sich klarere, gesetzlich definierte Grundlagen für Kommunen beim Umgang mit Mobilfunk.
Zum Schluss der Veranstaltung ging es doch noch um die gesundheitlichen Auswirkungen. Gibt es genetische Schäden durch hochfrequente elektromagnetische Wellen? Erhöhen sie das Krebsrisiko? Mehr als 1000 Mediziner und weitere fast 50000 Ingenieure, Wissenschaftler, Baubiologen äußerten im »Freiburger Appell« diese Einwände. Als Quatsch bezeichnete dies Professor Roland Glaser von der Humboldt-Universität. Studien mit derartigen Schlussfolgerungen würden wissenschaftlichen Ansprüchen nicht genügen und ihre Ergebnisse seien nicht reproduzierbar. Die Umweltmedizinerin Caroline Herr aus Gießen brachte folgende Formel: Auf dem Lande gebe es mehr Kinder als in den Städten. Es gebe auch mehr Störche dort. Soll man daraus schließen, Kinder würden durch Störche gebracht? »Wir kennen die Wirkmechanismen nicht, die zum Beispiel zu Leukämie bei Kindern führen. Man kann also auch nicht wissenschaftlich nachweisen, dass die Krankheit durch gepulste elektromagnetische Wellen verursacht wird«, meinte Herr. Folgerichtig stimmte sie auch den Grenzwerten in der 26. Immissionsverordnung zu.

Internet: www.handywerte.de, www.duh.de, w...

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