Demo für toleranten Kiez

  • Hannes Heine
  • Lesedauer: 2 Min.
Selbst für Kreuzberger Verhältnisse war am Sonntagnachmittag viel Polizei vor Ort. Anlässlich einer Kundgebung in der Nähe des Wohnhauses von Wieland Giebel, dem ehemaligen Sprecher der »Initiative Engelbecken«, standen den knapp 100 Demonstranten fast ebenso viele Beamte gegenüber. Die Gruppe »Kritik & Praxis« wirft der Bürgerinitiative die »Ausgrenzung finanziell Schwacher« vor. Hintergrund sind die Bemühungen der Bürgerinitiative und zahlreicher Anwohner des zwischen Mitte und Kreuzberg gelegenen Engelbeckens, ein geplantes Obdachlosenheim am Legiendamm zu verhindern. Giebel, Gründer eines linken Verlages, forderte dazu »eine gesellschaftliche Auseinandersetzung, aber keine Gewalt«. Das sahen nicht alle so. Kürzlich zerstachen Unbekannte die Reifen seines Autos, wenig später konnte ein Brand des Fahrzeuges gerade noch gelöscht werden. Nun gibt Giebel in einer persönlichen Erklärung auf. Der »Allianz aus dem Beherbergungsbetrieb Siefos GmbH, der PDS und den Autonomen« sei er nicht mehr gewachsen. Ende August hatte der Liegenschaftsfonds ein Gebäude an die Siefos GmbH verkauft, die dort alkoholkranke wohnungslose Menschen betreuen will. Der freie Träger aus Friedrichshain hat sich mit dem Bezirksamt auf ein Betreuungskonzept für 143 nicht therapiefähige Alkoholkranke geeinigt. Ende des Jahres soll das Obdachlosenheim eröffnet werden. Zahlreiche Anwohner organisierten daraufhin Gegenaktionen. Denn die Gegend hat sich vom Problemkiez zur begehrten innerstädtischen Wohnlage entwickelt. Nach Ansicht von Kreuzbergs Baustadtrat Franz Schulz (Grüne) wird sich das neue Obdachlosenheim so in das Wohngebiet einfügen, dass es den Anwohnern zugemutet werden kann. Die sehen das anders. In jedem Fall werde »das Alkoholikerheim ein prägender Eingriff in das Viertel sein.« Die Größe des Heims mache deutlich, dass hier Obdachlose aus der ganzen Stadt untergebracht werden sollten. Die öffentliche Kapitulation Giebels konnte die Demonstranten jedoch nicht von weiteren Forderungen abhalten. Sie verlangen, dass das von der Bürgerinitiative gesammelte Geld einem Obdachlosenprojekt zu Gute kommt. »Solange die gesellschaftlichen Verhältnisse Armut hervorbringen, sind deren Opfer auf Solidarität angewiesen.«
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