Kundgebung gegen Antisemitismus

Beispiel von Zivilcourage gegen braunen Terror

  • Nikolaus Brauns, München
  • Lesedauer: ca. 1.5 Min.

»Ja zum Jüdischen Zentrum - Nein zu Rechtsextremismus und Gewalt!« Unter diesem Motto fanden sich am Sonnabend in München rund 1000 Menschen zu einer Kundgebung.

Zu der Kundgebung hatte ein Bündnis für Toleranz - ihm gehören Gewerkschaften, Kirchen und Jugendverbände an - aufgerufen, nachdem rechtsextreme Attentatspläne gegen den geplanten Neubau des Jüdischen Zentrums bekannt geworden waren. Unter den Kundgebungsteilnehmern auf dem Sankt-Jakobsplatz, wo am 9. November die Grundsteinlegung für das Zentrum stattfinden wird, trafen sich Stadtratsmitglieder aller Fraktionen ebenso wie PDS-Mitglieder, Jugendgruppen, Punks und Anhänger der christlich-fundamentalistischen Partei Bibeltreuer Christen. Viele Menschen zeigten sich bestürzt, dass überhaupt die Notwendigkeit zu einer solchen Kundgebung besteht. »Es gibt in der Bevölkerung keinen Rückhalt für den braunen Sumpf«, erklärte Oberbürgermeister Christian Ude (SPD). Der Bau des Jüdischen Zentrums, zu dem auch eine Synagoge und ein Museum gehören werden, sei eine »historische Last Münchens als Hauptstadt der Bewegung«.
Kaum ein Schüler wisse heute den Platz der Synagoge in München, bedauerte die Vorsitzende des Kreisjugendrings Elke Geweniger. Die fatale Gründlichkeit der NS-Verbrechen zeige noch 75 Jahre später ihre Wirkung darin, dass jüdisches Leben aus dem Gedächtnis der Jugendlichen gelöscht sei. Der katholische Weihbischof Engelbert Siebler stellte in seiner Rede ausgerechnet Kardinal Michael von Faulhaber als Beispiel des Widerstands gegen den Nationalsozialismus dar. Mit keinem Wort erwähnte Siebler, dass Faulhaber ein glühender Antisemit war, der Schutzgebete für Hitler sprechen ließ. Ein Versagen der Kirche unter dem Nationalsozialismus und damit eine Mitschuld am Holocaust bekannte dagegen die evangelische Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler. Es sei ein »Geschenk des Zutrauens«, dass Juden heute wieder bereit seien, in Deutschland zu leben.
Zur Solidarität mit den kürzlich vom Münchner Amtsgericht zu Geldstrafen verurteilten Antifaschisten rief der Münchner DGB-Vorsitzende Helmut Schmid auf. Es sei schwer verständlich, dass diejenigen, die durch Zivilcourage Naziaufmärsche verhindern wollten, jetzt strafrechtlich verfolgt würden. Erst am vergangenen Donnerstag hatte der Fraktionsvorsitzende der Münchner Grünen, Siegfried Benker, eine geringe Bewährungsstrafe erhalten, weil er vergangenen Herbst dazu aufgerufen hatte, sich einer vom Rechtsterroristen Martin Wiese angemeldeten Demonstration in den Weg zu stellen. Zuvor war unter anderem der KZ-Überlebende Martin Löwenberg wegen eines solchen Aufrufes zu einer Geldstrafe veru...

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