Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

Danke Alfred

  • MATHIAS WEDEL
  • Lesedauer: 2 Min.

bereitschaft unserer Beamten“, wie man sie registriert, desinfiziert, bis zur amtlichen Entscheidung stapelt und sicher verwahrt, um sie dann zur Abwechslung nicht ins Gas, sondern in ein „sicheres Drittland“ zu exmittieren, von wo aus sie natürlich „alle Rechte wahrnehmen können“. Die Mäuler der faschistoiden Bürokraten sabbeln nicht von Endlösung, aber von „Beschleunigung“ - ich werd' Dir Beine machen, Türke, Dich auf Trab bringen, Nigerianer (kurz „Nigger“). Die Sprache des Dritten Reiches war nie eine tote Sprache, vielleicht hat sie nur etwas ausgeruht. Und wir bereichern sie: Zum „Schutzhäftling“ haben wir den „Abschiebehäftling“ hinzuerfunden. Jede Generation will ihren Beitrag leisten.

Bei einer ordentlichen Dienstdurchführung - und daran hat es noch nie gehapert - flutscht es reibungslos an den Rampen, die in diesem Fall die Transit-

nrrt

letten, lungern auf den Fußböden und stürzen sich ohne jeden Stolz auf den Tee, den die Caritas verteilt. Die Zustände dort „entsprechen ohne Einschränkung einer Haftsituation“, zitiert DER SPIE-GEL. Aber eben auch der Ordnung.

Von Menschenrechten - wie noch in der Bundestagsdebatte zur Asylrechtsänderung - ist nirgendwo auch nur noch mit einer Silbe die Rede. Aber von Dienstvorschriften, Durchführungsbestimmungen, Verwaltungsakten: Die Brandenburger Regierung äußerte den Verdacht, der Berliner Senat wolle dem Umland seine Fremden aufhalsen; Bürgermeister bangen für ihre Gemeinden um die Kopfgelder, die sie aus Landeszuschüssen für die Unterbringung der Fremden bekommen. Jetzt müßten sie die Unterkünfte dichtmachen, maulen sie, die sie so lange vor dem Niederbrennen geschützt haben.

Die Deutschen sind erstmals seit der Euphorie der Wiedervereinigung wieder eine Volksgemeinschaft. Das haben wir nach der ganzen Tristesse aber auch mal gebraucht - einen nationalen Aha-Ef f ekt. Kohl hat eben noch immer ein Gespür dafür, wie man selbst dem eher linkslastigen Wechselwähler eine Freude machen kann. Die Gesamtschullehrer atmen auf: Na seht ihr, Jungs, es geht doch auch ohne Mord und Totschlag. Wie sehr Alfred Dregger doch recht hatte, als er aufrief, „endlich den Mut zu populären Maßnahmen“ zu haben! Die Aussonderung des Fremden ist populär bei den Wählern aller Parteien. Die Regierung hat auch der SPD, der PDS und den Grünen ein Problem abgenommen, mit dem die im Wahlkampf nichts anderes als eine unglückliche Figur gemacht hätten.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal