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  • Politik
  • ITALIEN: Von den täglichen Skandalen profitiert vor allem die Liga

Geheimdienste im Visier

  • BRUNO ROMANO, Rom
  • Lesedauer: 3 Min.

Während durch Roms Straßen nach neuen Spekulationen um die jüngsten Bombenanschläge sogar das Gespenst des Staatsstreichs geistert, bemüht sich Italiens Präsident christdemokratischer Herkunft in diesen heißen Sommertagen darum, die aus Vertretern der Altparteien und Fachleuten bestehende Regierung Ciampi am Leben zu erhalten und Konfliktstoffe zu neutralisieren. Das gilt vor allem für die täglich wachsende Polemik gegen die Geheimdienste. Deshalb traf sich Scalf aro auch mit Spitzenvertretern der dezimierten Ex-Christdemokraten und der demoralisierten Sozialistischen Partei, Innenminister Mancino und Verteidigungsminister Fabbri, die in erster Linie für die Geheimdienste verantwortlich zeichnen.

Senator Acquaviva, der von 1983 bis 1987 das Sekretariat des damaligen Premiers Craxi leitete, hatte u. a. enthüllt, daß viele italienische Botschafter doppeltes Gehalt kassierten, eines als Diplomaten, das andere als Informanten der (nicht nur römischen) Geheimdienste. Wie Armando Cossutta, Vorsitzender der

Kommunistischen Neugründungspartei, erklärte, kämen

die skandalösen Entgleisungen der italienischen Dienste auf das Konto von Führungsstellen unter Mafia-Einfluß. Die wichtigste befinde sich wohl in Washington.

Während sich Präsident Scalfaro darum bemüht, die Regierung aus politischen Kräften von gestern weiter zu halten, nimmt Occhettos Partei der Demokratischen Linken eine erstaunlich passive Haltung ein. Sie scheint nicht an einer Regierungskrise interessiert und glaubt offenbar, daß die nächsten Parlamentswahlen - ob nun in diesem oder erst im kommenden Jahr - ohnehin den großen Umschwung bringen werden. Occhetto macht dabei kein Hehl daraus, daß er den Hauptgegner in der rechtspopulistischen Lega Nord Umberto Bossis sieht. Bossi ist seinerseits dabei, die Basis seiner Partei zu verbreitern: In einem aufsehenerregenden Interview kündigte er jetzt an, daß sich seine in Norditalien schon führende und offenbar weiter wachsende Bewegung in zwei politische Richtungen aufteilen werde - eine des „Zentrums“ und eine „linke“; beide auf föderalistischer Grundlage, mit dem Ziel, alle Wähler

des früheren korrupten Systems um sich zu sammeln...

Und täglich spielen ihm dabei neue Skandale in die Hände. So hat jetzt das zuständige Verwaltungsgericht die Zweifel der Liga - sie klagte - an der Richtigkeit des Turiner Wahlergebnisses vom 6. Juni geteilt. Rund 300 000 Stimmen müssen nun wegen Betrugsverdachts überprüft werden. Der Thron von Bürgermeister Castellani, der von Occhetto begünstigt, von der Kommunistischen Neugründungspartei jedoch abgelehnt wurde, wackelt. Für Bossi ist die richterliche Entscheidung schon ein Sieg seiner Partei. Hinter den vermeintlichen Fälschungen stünden die gleichen Kräfte, die mit Sprengstoffattentaten die Erneuerung des Landes verhindern wollten, meint er.

Wachsendes Unverständnis ruft hierzulande auch hervor, daß es bisher nicht gelungen ist, Abgeordneten das Privileg der Immunität gegenüber der Justiz zu entziehen; dafür ist weiter eine parlamentarische Mehrheit notwendig. Derzeit liegen gegen rund 200 Parlamentarier Freigabeanträge seitens der Justiz vor. Nur wenige von ihnen dürften akzeptiert werden.

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