Slapstik-Klischees wieder verbannt

Wenn man den inoffiziellen Schätzungen folgen darf,-werden rund 90 Prozent aller Karambolagen im Straßenverkehr durch Fehlleistungen der Wagenlenker verursacht. In der frühen Phase der Forschung dachten die beteiligten Wissenschaftler, daß einige Menschen aufgrund ihrer abnormen Persönlichkeit quasi zum „Bruchpiloten der Landstraße“ prädestiniert sind. Von diesem Slapstik-Klischee sind die Forscher jedoch abgekommen, erläutert Hardy Holte vom Psychologischen Institut der Universität Bonn.

Tausende von Experimenten und Beobachtungen haben den Beweis geliefert, daß es mehrere, voneinander unab-

hängige Eigenschaften gibt, die die „Brisanz“ am Lenkrad erhöhen. Manche Individuen sind verstärkt Crash-gefährdet, weil es ihnen an bestimmten kritischen Fertigkeiten mangelt; andere wiederum haben PersönlichkeitszügS, die eine Kollision begünstigen.

Studien, in denen „saubere“ und vorbelastete Autofahrer über einen längeren Zeitraum verfolgt wurden, ergaben: Die Chauffeure, die bereits einen oder mehrere Crashs auf dem Kerbholz hatten, verunglückten in den folgenden zwei Jahren doppelt so häufig“Wie die unbescholtenen Fahrer. Männer „bauen“ nach internationalen Daten doppelt so häufig Unfälle wie Frauen, kommen häufiger wegen Raserei oder riskanten Verhaltens ins Schleudern, während das „schwache Geschlecht“ meist aus Unachtsamkeit havariert. Junge Fahrer verunglücken generell öfter und verlieren häufiger ihr Leben beim Überschlagen des Autos.

Die Leistungen und Fertigkeiten wurden in sogenannten „Fahrsimulatoren“ untersucht. Teilnehmer mit Crash-Erfahrung hatten durch die Bank eine längere Leitung, was die Wahrnehmung von

plötzlich auftretenden Gefahren anging. Junge Versuchspersonen fanden kritische Verkehrssituationen stets weniger bedrohlich als ältere Teilnehmer. Gefahrenquellen, die ganz nahe vor dem Fahrzeug auftauchten, bereiteten den wenigsten Schwierigkeiten. Unerfahrene Probanden standen jedoch auf dem Schlauch, wenn die Gefahr sich in der Ferne abzeichnete; sie versteiften sich offenbar auf die nähere Umgebung. Wer sich in die Gefahr begibt, kommt darin um, könnte man die Befmlde zu der typischen Persönlichkeit des Karambolage-Charakters zusammenfassen.