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  • Politik
  • Am nationalen Trauertag Rußlands Fahnen auf Halbmast / Präsident bekräftigt Wahltermin

Kampfansage Jelzins an Sowjetorgane

  • Lesedauer: 2 Min.

Moskau (ND-Herrmann). Zum nationalen Trauertag wurde der heutige Donnerstag in Rußland erklärt. Fahnen werden landesweit halbmast wehen, wenn die fast 150 Opfer des Moskauer Machtkampfes beigesetzt werden. Mittwoch abend hatte Siegerpräsident Jelzin scharfe Abrechnung mit den „Terroristen“ angekündigt und zugleich die Selbstauflösung der Mehrheit der Sowjetorgane gefordert. Als „größte Tragödie“ für Rußland bezeichnete Präsident Jelzin am Abend in einer Fernsehrede die jüngsten Ereignisse. Der „bewaffnete Aufstand“ sei über Monate geplant und vorbereitet worden, um eine „blutige kommuni-

stisch-faschistische Diktatur“ zu errichten. Mit der Verwandlung des Parlamentsgebäudes in eine „Zitadelle des Terrorismus“ rechtfertigte er dessen Sturm. Alle, die zur Waffe gegriffen hätten, werde die „ganze Schärfe des Gesetzes“ treffen.

Auch dem Verfassungsgericht maß Jelzin Schuld an den Ereignissen zu. Dessen Chef Sorkin erklärte unterdessen seinen Rücktritt.. Laut Jelzin hätte aber auch die Mehrheit der Organe der Sowjetmacht direkte Verantwortung für die äußerste Verschärfung der Situation, weshalb sie den „mutigen Beschluß“ zur Selbstauflösung

fassen sollten. In nächster Zeit müsse ein Mechanismus zu deren Umwandlung in „normale“ Machtorgane überlegt werden. Man benötige eine „normale demokratische Verfassung“ und ein einheitliches Rußland ohne „Spiele regionaler Isolierung“. Jelzin bestätigte den 12. Dezember als Termin der Wahlen für die Föderationsversammlung und voraussichtlich neuer örtlicher Machtorgane. Allen Parteien und Bewegungen, die nicht an dem Aufstand teilgenommen hätten, seien gleiche Bedingungen garantiert. Notwendig sei auch eine „vollwertige Reform der Armee und der Organe der Sicherheit“.

Unterdessen wurde die Pressezensur aufgehoben - begleitet von Ermahnungen an die Journaille zur Selbstzensur. Das Parlamentsgebäude wurde von Jelzin zum offiziellen Sitz der Regierung bestimmt. Es soll bis März 1994 wiederhergestellt sein. Außerdem soll es einen Fonds für Wiederaufbau und Wiedergutmachung für Betroffene geben, für den auch Spenden aus dem In- und Ausland erwartet werden. Trotz weiterer Entspannung in Moskau starben in der Nacht 10 Menschen, 2000 wurden festgesetzt. Abziehende Elitetruppen wurden durch 5000 Mann neue Armee- und Polizeieinheiten ersetzt. (Seiten 2, 7)

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