nd-aktuell.de / 07.10.1993 / Kommentare / Seite 2

Jn die Pflicht nehmen“ – wen, wie, wofür?

Daß es Bundespräsident Richard von Weizsäcker bei seinem Vorstoß, „Vorzüge einer allgemeinen Dienstpflicht, ernsthaft zu prüfen“ primär um „mangelnde Dienstgerechtigkeit“ ging, die er auch erwähnte, ist unwahrscheinlich. Denn er sprach ja nicht vor Wehrpflichtigen, die sauer sind, dienen zu müssen, während andere verdienen, sondern vor den Spitzen der Bundeswehr. Denen macht mehr die ansteigende Zahl von Kriegsdienstverweigerern Sorge, die Generalinspekteur Naumann auf der Kommandeurstagung beklagte. Und das hängt wohl eher damit zusammen, daß die vermeintliche Gefahr aus dem Osten der ( -senr realer! gewichen ist, als

Neokolonialkrieger in Somalia oder an der Adria zu fallen.

Da die Bundeswehr 1 keinen Verteidigungsauftrag mehr hat, sei sie „im alten Stil“ nicht mehr beizubehalten, erklärte Bündnis 90/Grünen-Sprecher Ludger Volmer gestern. Die Kampfeinheiten sollten aufgelöst und die technischen in einen internationalen Zivildienst verwandelt werden. Der Bundespräsident aber denkt nur an eine „Ergänzung zur Wehrpflicht“ Da Gefahren für die Sicherheit keineswegs nur auf Waffengewalt beruhen, bekämen nichtmilitärische Mittel zunehmende Bedeutung. Deshalb läge es nahe, „die jungen Bürger“ offenbar auch Mädchen''bzw.

Diese Formulierung suggeriert, hier gehe es um äußerst wichtige Arbeiten, die niemand tun will. Andererseits ist von Entwicklungshilfe und Umweltschutz, verschiedenen sozialen und technischen Diensten die Rede. Sollte sich dafür wirklich kaum jemand finden? Unwahrscheinlich angesichts 3,5 Millionen offiziell registrierter Arbeitsloser, darunter Hunderttausende Jugendliche. Allein letztes Jahr fanden 91 000 nach dem Abschluß der Lehre keinen Job. Da die meisten ohne jeden Anspruch auf Arbeitslosen- pder S'öziMhilßifHls'Ö ohne v ßin-

Wäre für sie die „allgemeine Dienstpflicht“ eine Chance? Wohl kaum. Denn sie wird seit langen von eben jenen Unternehmern gefordert, die gegen ABM Sturm laufen. Sie hoffen offenbar auf billige Arbeitskräfte. Und die Politik auf ein weiteres Mittel zur Verschleierung der Erwerbslosigkeit. Der Präsident des Arbeitslosenverbandes, Klaus Grehn, lehnt deshalb solch eine allgemeine Dienstpflicht ab. Im Sozialausschuß des Bundestages erklärte er: Arbeitsdienst bleibt Arbeitsdienst - ob im Reich oder im

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