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  • Politik
  • ARGENTINIEN: Menem will Wiederwahl

Die Erotik der Macht

  • FRIEDRICH MANN
  • Lesedauer: 2 Min.

Wieder ist Argentiniens Staatspräsident Carlos Menem seinem erklärten Ziel, nach Ablauf seiner sechsjährigen Amtszeit im Juli 1995 sein eigener Nachfolger zu werden, ein bedeutendes Stück näher gekommen. Noch verbietet zwar die aus dem Jahre 1853 stammende Und zuletzt 1957 geänderte Verfassung eine unmittelbare Wiederwahl, ja schreibt ihm im Grunde eine mindestens sechsjährige „Abstinenz“ von der Macht vor; doch mit dem Wahlsieg vom letzten Wochenende kann Menem ernsthaft darauf hoffen, die für eine Verfassungsänderung erforderliche Zweidrittelmehrheit in beiden Parlamentskammern auch über die Grenzenjseiner peronistischen Partei hinaus zu mobilisieren.

- 1( Die Knapp ^^“Mliironen wahlberechtigten Argentinier waren aufgerufen, über 127 der 257 Parlamentsmandate neu zu entscheiden. Und obwohl die Vorhersagen einen klaren Sieg der Peronisten vor der oppositionellen Radikalen Bürgerunion (UCR) des Ex-Präsidenten Raul Alfonsin erwarteten, überraschte die Höhe dennoch: 42 Prozent für die Partei Menems, nur etwa 30 für die UCR. Besondere Bedeutung hat dabei der Erfolg in Buenos Aires, einer traditionellen Hochburg der „Radikalen“, wo die Peronisten erstmals seit 1952 gewannen.

Einen nicht geringen Anteil daran hat Carlos Menem selbst. Auch vier Jahre nach seinem Amtsaritritt ist seine Popularität ungebrochen, trotz der vielen unpopulären Maßnahmen im Rahmen seiner neoliberalen Wirtschaftsund Sozialpolitik. Angesichts eines realen Wirtschaftswachstums von fünf bis sechs Prozent werden sinkende Realeinkommen und steigende Arbeitslosigkeit (offiziell etwa 10 Prozent) - beides auch Folge der hemmungslosen Privatisierung von Staatsunternehmen - von der Mehrzahl der Argentinier noch immer als das kleinere Übel im Vergleich zur Hyperinflation in der Regierungszeit von Alfonsin gesehen.

? i Und M,enem versteht es, sich als.einziger Garant .dieses iar T gentinischen „Wunders“ zu präsentieren. Ohne ihn könne man das Modernisierungsprogramm nicht zu Ende führen. Die einzig logische Konsequenz sei eine Änderung der Verfassung. Selbst unter den Radikalen gibt es unterdessen nicht wenige einflußreiche Politiker, die dem aufgeschlossen gegenüberstehen. Menems Kritiker hingegen bezweifeln seine Unersetzbarkeit. Was ihn tatsächlich an den Präsidentensessel fessele, sei vielmehr sein „beinahe erotisches Verhältnis zur Macht“, wie sie spöttisch, aber auch neidvoll bemerken.

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