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Charlottenburg will sich nicht länger von solchen Samaritern übern Tisch ziehen lassen. Bisher einmalig in Berlin, schaut ihnen seit Ende 1991 ein sogenannter Heimbegeher auf die Finger. Hans-Werner Bischoff soll Wucherpreise verhindern und überprüfen, ob die Obdachlosen auch menschenwürdig untergebracht sind. Was der gelernte Bankkaufmann und Diplomvolkswirt („Diese Qualifikation braucht man schon, um den hochkarätigen Betreibern Paroli bieten zu können“) sich da schon ansehen mußte, spottet jeder. Beschreibung. „Ein Heim war mit 150 Personen um 50 Prozent überbelegt, die sanitären Einrichtungen in erbärmlichem Zustand, Reinigungspersonal nicht vorhanden. Besonders bei Flüchtlingen, die sich da-

gegen kaum wehren können, versuchen sich manche auf diese Weise eine goldene Nase zu verdienen.“

Leute, die über gute Verbindungen zu Immobilienfirmen verfügen, kommen jetzt gerade im Osten schnell an geeignete Objekte heran: ausgediente Fabriken und Gewerbegebäude, die sich leicht in Unterkünfte umwandeln lassen. Bischoff überprüft die Kalkulationen für die Unterbringungskosten und vor Ort, ob auch tatsächlich die zu Buche schlagenden Wohnräume, Sanitäranlagen, Möbel vorhanden sind. Gesetzliche Regelungen für das, was einem Obdachlosen zusteht, gibt's aber leider nicht, meint der Sozialstadtrat, nur ein Positionspapier der Westberliner Bezirke von 1988, das pro Person sechs Quadratmeter

Wohnfläche vorsieht, Tisch, Bett, Stuhl und abschließbaren Schrank sowie für maximal zehn Personen eine Dusche, Waschbecken, WC und drei Herdstellen. Und selbst das Versuchten manche noch zu unterbieten. Gesetzlich klar sei nur, daß Wohnraum nicht für Obdachlosenunterkünfte „zweckentfremdet“ werden dürfe. Was die hohen Preise für die also gewerblich betriebenen Heime ein wenig erklärt.

Die hat man aber in Charlottenburg auf etwa 25 Mark gedrückt. Die teuerste Herberge verlangt 41 Mark pro Tag, doch dabei handelt es sich immerhin um ein ausrangiertes Hotel mit Ein- und Zwei-Bett-Zimmern. „Läusepensionen gibt's in unserem Bezirk nicht mehr“, würdigt Stadtrat Maier die Arbeit sei-

nes Heimbegehers. Dessen Einsatz hat dem Bezirk im vergangenen Jahr außerdem 250 000 Mark Ausgaben erspart. Letzlich war es dieser finanzielle und nicht der menschliche Aspekt, der Finanzsenator Pieroth bewog, die befristete ABM-Stelle des Heimbegehers ab 1994 in einen Dauerarbeitsplatz umzuwandeln. Jedoch nur in Charlottenburg. Prenzlauer Berg, Friedrichshain und Kreuzberg haben dieser Tage ABM-Stellen für Heimbegeher eingerichtet. „Die anderen Bezirke können sich an uns wenden und ihre Heime von uns überprüfen lassen“, bietet Udo Maier an. Wohl wissend, daß damit nur die Folgen gemildert werden können, Obdachlosigkeit selbst natürlich nicht zu verhindern ist.

BERND KAMMER

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