Macht der Vergangenheit

Drei neue Berlin-Krimis

  • Günter Wesendahler
  • Lesedauer: 2 Min.
Vergessliche Vergewaltiger, dubiose Kunsthändler, zweifach erschossene TV-Autoren - solche Leute liegen in Berlin rasch mal tot im Gelände herum. In den drei neuesten Produktionen des berlin.krimi.verlags ist nachzulesen, wie es dazu kommt und wie man selbst dem raffiniertesten Täter das Handwerk legt. Mani Beckmann, Ex-Punk-Rocker und ausgewiesener TV- und Krimiautor aus Westfalen mit Kreuzberger Vergangenheit, bietet da eindeutig die meisten Überraschungen und liefert überdies einen witzigen Einblick in die hauptstädtische Journalisten- und Filmfuzzi-Szene: Albrecht Niemeyer, Berlins bösartigster und meistgehasster Filmkritiker, merkt reichlich spät, dass ihn das eigene Vorleben einzuholen beginnt. Wie in den beiden anderen Krimis geht es auch im »Filmriss« um einen Fall, dessen Wurzeln in der Vergangenheit von Opfer und Täter liegen. Felix Huby, Deutschlands einfallsreichster Fernsehautor, erinnert dazu an das Ende der NS-Zeit, als das Petersburger Bernsteinzimmer und manch anderer Museumsschatz auf Nimmerwiedersehen verschwanden. Die damaligen Ereignisse in Berlin und später in Pillnitz sind gründlich recherchiert, an authentischem Personal wird nicht gespart - ein besonders spannender Krimi ist dennoch nicht herausgekommen. Dafür kann Huby für sich in Anspruch nehmen, neben seinem schwäbischen Alter Ego Bienzle den Ruhrpott-Schimanski und nun den bisexuellen Kommissar Ole van Dyck erfunden und installiert zu haben - eine echte Bereicherung unter all den einseitig orientierten Schwulen und Lesben im kriminalpolizeilichen Milieu. Und wer wollte van Dyck verübeln, dass er seinen eifersüchtigen Freund Michael in die aktionsreichen Ermittlungen um den Tod des Kunsthändlers Cassian Kaiser einbezieht. Gabriele Stave schließlich, die einzige Berlinerin unter den Autoren, und das lässt sie locker spüren, hat die verwicklungsreiche Story um den Tod des prominenten Fernsehautors Peter Paul Pray geschrieben. Die Ermittlungen führt das gemischte (heterosexuelle) Ost-West-Duo Kreutzer/Weniger, von denen Kreutzer die schlampige Psychologin Dr. Kronsberg liebt und Weniger die Ex-Partnerin eines nicht unverdächtigen Zeugen. Zu allem Überfluss stammt die ebenso reizvolle wie unleidliche vorgesetzte Kriminaldirektorin aus dem Osten, wo auch der vertrackte Casus knacktus liegt: im brandenburgischen Queritz nämlich. Ein weiterer Mann muss sterben, bis Kreutzer/Weniger die mit Prostitution, Kindesmissbrauch und -entführung garnierten Mordfälle aufgedröselt haben und das tragische Ende dennoch nicht verhindern können. Ja, so geht es eben zu in der Hauptstadt nebst Umgebung und Vororten ... Mani Beckmann: Filmriss. Felix Huby/Ulrich W. Grimm: Schattenbilder. Van Dyck ermittelt. Gabriele Stave: Arme Nina - böses Kind. Alle berlin.krimi.verlag, 220 bis 280 Seiten, Broschur, je 9,90 EUR.
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