Rotes Kreuz nur noch in Nordirak

Toni Pfanner zur Situation nach Bagdader Anschlag

Toni Pfanner, früher Leiter der Rechtsabteilung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), ist derzeit Chefredakteur der Rot-Kreuz-Zeitschrift »International Review«.

ND: Welche Konsequenzen hat das Rote Kreuz aus dem mörderischen Terroranschlag auf das Gebäude der Organisation in Bagdad gezogen?
Pfanner: Wir müssen erst einmal herausfinden, was da überhaupt passiert ist. Wir haben uns deshalb aus den Gebieten um Basra und Bagdad zurückgezogen und sind noch vom Norden Iraks aus aktiv.

Wissen Sie inzwischen, wer hinter den Anschlägen steckte?
Nein, wir wissen es nicht genau. Nach Polizeiangaben waren viele Akteure involviert: Baathisten, Al-Qaida-Leute, zusammen mit verschiedenen irakischen Splittergruppen. Wir denken, dass gewisse Gruppierungen im Moment keine unabhängige humanitäre Hilfe in Irak wollen. Es sollte eine Schockwirkung dadurch erzielt werden, dass auch vor einer Institution, die unabhängig ist - unabhängig auch von den Amerikanern - kein Halt mehr gemacht wird. Wir wurden wahrscheinlich als westliche Organisation angesehen, obwohl unsere Hauptaufgabe ja gerade darin besteht, irakische Kriegsgefangene zu betreuen. Unsere Neutralität wurde nicht anerkannt, war nicht erwünscht.

Kann das Rote Kreuz unter diesen Bedingungen seine Arbeit fortführen?
Wir nehmen noch bestimmte Aufgaben wahr, insbesondere die Betreuung von Kriegsgefangenen. Aber wir sind gegenwärtig nicht mehr flächendeckend präsent. Wir versuchen dabei, vor allem in den Umkreis derer zu gelangen, die das Attentat veranlasst haben. Wir wollen diese Leute überzeugen, dass wir eine neutrale Organisation sind. Wenn wir dann Signale empfangen, dass eine breite Akzeptanz neutraler Hilfe vorhanden ist, können wir unsere Arbeit in Bagdad und andernorts wie gewohnt fortsetzen. Aber wann das geschehen wird, kann ich nicht sagen.

Inwieweit arbeitet Ihre Organisation mit den Besatzungstruppen zusammen?
Es gibt natürlich einen Informationsaustausch. Aber wir wollen grundsätzlich keinen Schutz von einer der Kriegsparteien. Wir stehen deshalb völlig schutzlos da, aber humanitäres und militärisches Handeln sind strikt zu trennen.

Es ist ja auch mehr als fraglich ob das Militär, zum Beispiel die USA-Armee, in der Lage wäre, die Sicherheit Ihrer Organisation wirklich zu gewährleisten.
Ja. Sogar die britischen Soldaten vermeiden es, sich in der Nähe der amerikanischen Soldaten aufzuhalten, weil sie Angst haben, dass ihnen dann etwas zustoßen könnte.

Fragen: Martin BialluchND: Welche Konsequenzen hat das Rote Kreuz aus dem mörderischen Terroranschlag auf das Gebäude der Organisation in Bagdad gezogen?
Pfanner: Wir müssen erst einmal herausfinden, was da überhaupt passiert ist. Wir haben uns deshalb aus den Gebieten um Basra und Bagdad zurückgezogen und sind noch vom Norden Iraks aus aktiv.

Wissen Sie inzwischen, wer hinter den Anschlägen steckte?
Nein, wir wissen es nicht genau. Nach Polizeiangaben waren viele Akteure involviert: Baathisten, Al-Qaida-Leute, zusammen mit verschiedenen irakischen Splittergruppen. Wir denken, dass gewisse Gruppierungen im Moment keine unabhängige humanitäre Hilfe in Irak wollen. Es sollte eine Schockwirkung dadurch erzielt werden, dass auch vor einer Institution, die unabhängig ist - unabhängig auch von den Amerikanern - kein Halt mehr gemacht wird. Wir wurden wahrscheinlich als westliche Organisation angesehen, obwohl unsere Hauptaufgabe ja gerade darin besteht, irakische Kriegsgefangene zu betreuen. Unsere Neutralität wurde nicht anerkannt, war nicht erwünscht.

Kann das Rote Kreuz unter diesen Bedingungen seine Arbeit fortführen?
Wir nehmen noch bestimmte Aufgaben wahr, insbesondere die Betreuung von Kriegsgefangenen. Aber wir sind gegenwärtig nicht mehr flächendeckend präsent. Wir versuchen dabei, vor allem in den Umkreis derer zu gelangen, die das Attentat veranlasst haben. Wir wollen diese Leute überzeugen, dass wir eine neutrale Organisation sind. Wenn wir dann Signale empfangen, dass eine breite Akzeptanz neutraler Hilfe vorhanden ist, können wir unsere Arbeit in Bagdad und andernorts wie gewohnt fortsetzen. Aber wann das geschehen wird, kann ich nicht sagen.

Inwieweit arbeitet Ihre Organisation mit den Besatzungstruppen zusammen?
Es gibt natürlich einen Informationsaustausch. Aber wir wollen grundsätzlich keinen Schutz von einer der Kriegsparteien. Wir stehen deshalb völlig schutzlos da, aber humanitäres und militärisches Handeln sind strikt zu trennen.

Es ist ja auch mehr als fraglich ob das Militär, zum Beispiel die USA-Armee, in der Lage wäre, die Sicherheit Ihrer Organisation wirklich zu gewährleisten.
Ja. Sogar die britischen Soldaten vermeiden es, sich in der Nähe der amerikanischen Soldaten aufzuhalten, weil sie Angst haben, dass ihnen dann etwas zustoßen könnte.

Fragen: Martin Bialluch

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