nd-aktuell.de / 14.10.1993 / Brandenburg / Seite 17

Jetzt Endspurt: Auf zur Million

(ND-Kirschey). Die Initiative „Referendum Doppelte Staatsbürgerschaft“ hat seit Februar 960 000 Unterschriften zusammengetragen. Am kommenden Mittwoch wird die einmillionste Unterschrift unter dem Aufruf erwartet, der sich für die Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft und der erleichterten Einbürgerung in Deutschland einsetzt.

Auf einer Pressekonferenz am Mittwoch werteten die

Mitinitiatoren der Aktion und ausländerpolitischen Sprecher des Berliner Bündnis 9 0/Grüne, Jürgen Strohmaier und Ismail Hakki Kosan, die Gesetze zur deutschen Staatsbürgerschaft nach der Abstammung als unzeitgemäß. Die meisten europäischen Staaten hätten inzwischen fortschrittlichere Verfassungs-Grundlagen. Die rechtliche und politische Ausgrenzung von Millionen Menschen bezeichneten sie als eine

Hauptursache für die in Deutschland grassierende Ausländerfeindlichkeit.

Die Diskussionen um eine doppelte Staatsbürgerschaft von ausländischen Bürgern, die zum Teil schon über Generationen in Deutschland lebten, habe wesentlich dazu beigetragen, das Bewußtsein vieler Deutscher für das geltende Unrecht zu schärfen. Nüchtern schätzten die Politiker allerdings ein, daß große Teile

der Bevölkerung sich in dieser Frage nicht engagieren.

Die Unterschriften sollen bei einem noch nicht festgelegten Termin im Bundestag übergeben werden. Zwar würde eine rechnerische Mehrheit von SPD, PDS, Bündnis 90 sowie von Teilen von CDU und FDP für einen entsprechenden Gesetzesantrag existieren, doch müsse wegen des Fraktionszwanges auch mit einer Abstimmungsniederlage gerechnet werden.