Unrasierte Juden

Jüdische Kulturtage: Das »Heeb-Magazin« aus New York

Auf der Titelseite ein Mann, der aussieht wie ein Rabbi, unter dem schwarzen Gewand aber ein Superman-Kostüm trägt, mittendrin Geschichten über den Künstler »ManWoman«, der sich Hakenkreuze eintätowiert hat, weiter hinten ein Beitrag mit »100 Gründen, George W. zu hassen« - all das ist »Heeb«. »Heeb« kommt von einer - oft als Schimpfwort gebrauchten - Kurzform von »Hebrew« (Jude). Das Magazin »Heeb« ist bunt, stammt aus New York und wird seit März 2001 von einer Gruppe Mittzwanziger gemacht, die zeigen wollen, wie cool, lässig und abgedreht die urbane jüdische Jugend ist. Amerika hat die Crew um Jennifer Blyer und Nancy Schwartzman bereits erobert. CNN und die »New York Times« berichteten. 9000 Leser zwischen Ost- und Westküste sowie weltweit bis nach Südafrika erreicht das Vierteljahres-Magazin inzwischen.
Während der »Jüdischen Kulturtage« drängt es »Heeb« nach Berlin. Am kommenden Sonnabend wird in der Villa Elizabeth gefeiert. »Uns liegt daran, die ganze vibrierende jüdisch-amerikanische Kultur zu zeigen«, sagt Nancy Schwartzman. Die bestehe nicht nur aus weißen intellektuellen Klugscheißern. »Heeb« selbst sei an das schrille asiatisch-amerikanische Post-Pop-Magazin »Giant Robot« angelehnt. »Heeb« ist, das erfährt man beim Lesen, ziemlich links. Eine jüdische Menschenrechts-Aktivistin berichtet vom blutigen Alltag in der Westbank - und davon, wie hin und her gerissen eine traditionell mit Israel verbundene Jüdin sein muss. Die Radiojournalistin Esther Kaplan moderiert ein Streitgespräch über das Verhältnis der Juden zu George W. Bush. Einige unterstützen ihn wegen der Steuererleichterungen, des so genannten Anti-Terrorkampfes und der Unterstützung der harten Linie der Regierung Sharon. Andere sagen, »mit solchen Freunden (christliche militante Rechte und Ariel Sharon) braucht man keine Feinde.« »Heeb« stellt israelische Protestkultur vor, etwa die - glattweg aus Monty Pythons »Das Leben des Brian« entsprungen sein könnende - Obergaliläische anarchistische Brigade. Die wirbt mit Buttons wie »Jeder Tag ein Feiertag«. Andere bezeichnen Israel als Militärcamp und rufen zum Sturz der Regierung auf.
Vor allen Dingen ist »Heeb« frech. Im Magazin posieren junge Frauen als Models, die stolz sind auf ihre dunkle Haut, sich mit ihrer langen Nase einverstanden erklären und üppige Formen für sexy halten. »Bloß nicht Mainstream«, scheint die Devise. Witze werden abgedruckt, bei denen in Deutschland Karlsruhe angerufen werden müsste: »Viele Leute fragen mich«, sagt der Komiker Joshua Neuman, »warum ich als orthodoxer Jude einen Braun-Rasierer aus Deutschland benutze. Ich sage ihnen Ehre, wem Ehre gebührt: Diese Leute wissen, wie man Juden die Bärte abschneidet.«
Zu Degussa und dem Holocaust-Mahnmal will sich Schwartzman von New York aus erst einmal nicht äußern. Berlin soll die anderen, die schrillen Juden kennen lernen.

www.heebmagazine.com. Party: 22.11., 23Uhr, Vil...

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