Weniger Personal und Krematorien

Viele Sparvorschläge des Rechnungshofes umgesetzt - aber es reicht noch nicht

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.
Es gibt zumindest eine Behörde in Berlin, die sich rechnet - der Landesrechnungshof. Gestern listete er auf, zu welchen Konsequenzen seine Beanstandungen aus dem Jahr 2001 geführt haben. Damals hatte er auf ungerechtfertigte Ausgaben sowie Einsparmöglichkeiten in Höhe von 75 Millionen Mark hingewiesen. In »erfreulich vielen Fällen« sei es seitdem gelungen, Schaden abzuwenden, sagte gestern Landesrechnungshof-Präsident Jens Harms. Senat und Parlament hätten Hinweise seiner Behörde aufgegriffen, was zu Einsparungen in Millionenhöhe geführt habe. In manchen Fällen sei der Verfahrensstand aber »völlig unbefriedigend«. Gefruchtet hat die Kritik der Rechnungsprüfer bei der Steuerverwaltung. Das für die Grunderwerbssteuer zuständige Finanzamt Spandau, das für erheblichen Arbeitsrückstand gerügt wurde, hat sich der beanstandeten Fälle angenommen und 18,1 Millionen Euro an Steuern eingefordert. Zudem werden von den Finanzämtern widersprüchliche Steuererklärungen besser geprüft. Der Rechnungshof sorgte auch dafür, dass beim Landesamt für Gesundheit und Soziales die Personalkosten um 1,4 Millionen Euro gesenkt wurden und bei den Berliner Forsten um 700000 Euro. Einsparen ließen sich aber nach Einschätzung des Rechnungshofes 2,4 Millionen. Als Erfolg verbuchte er, dass mit der Einrichtung in Wedding eines von drei bis dahin nicht ausgelasteten Krematorien geschlossen wurde. Zudem gehört die vorzeitige Auszahlung von Zuwendungen für die BVG sowie an soziale Träger, durch die Berlin Zinsausfälle in Millionenhöhe entstanden, der Vergangenheit an. Harms gab aber alles andere als Entwarnung. Angesichts des Urteils des Landesverfassungsgerichts und der extremen Haushaltsnotlage bestehe immenser Handlungsbedarf. Das Land gebe pro Kopf noch immer zwölf Prozent mehr aus als etwa Hamburg, sagte Harms. Würde der Haushalt um diese zwölf Prozent gekürzt, könnten 2,5 Milliarden Euro gespart werden. Die von Berlin geplanten strukturellen Einschnitte von 1,6 Milliarden Euro bis 2007 reichten nicht aus, mahnte der Rechnungshofpräsident. Besonders bei den Personalkosten verlangte er weitere Sparschritte. Zwar würden durch den Solidarpakt für den öffentlichen Dienst die Personalausgaben in diesem Jahr um 281 Millionen Euro gesenkt, doch lägen sie damit immer noch bei über 7 Milliarden Euro und damit so hoch wie im Jahr 2000. Der Rechnungshof kritisierte, das proportional mehr Stellen in den Bezirken als in der Hauptverwaltung weggefallen sind und mehr beim einfachen und mittleren als im höheren Dienst gespart wird. Es fehle immer noch ein Konzept darüber, welche Aufgaben der Staat leisten muss, was privatisiert werden oder ganz wegfallen kann. Anregungen der Rechnungsprüfer seien nicht immer aufgegriffen worden, bedauerte Harms. Gescheitert sei man zum Beispiel damit, die großzügigen Versorgungsleistungen für Staatssekretäre im Ruhestand »auf ein vertretbares Maß« zu kappen. Sie könnten bereits Bezüge in Anspruch nehmen, wenn sie nur einen Tag im Amt waren. Viel Kritik musste die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung einstecken. Baumaßnahmen würden oft teurer als erwartet, sagte Harms mit Hinweis auf den Neubau der Akademie der Künste. Außerdem würden nur ein Drittel der Bauleistungen ausgeschrieben, was die Gefahr von Preisabsprachen erhöhe und zu Mehrkosten führe. Berlin sei auch das einzige Bundesland, in dem Anrainer keine Beiträge für den Ausbau öffentlicher Straßen und Plätze zahlen müssten, wodurch ihm jährlich bis zu fünf Millionen Euro entgehen. In allen Fällen sei jetzt aber Abhilfe in Sicht. Kaum Fortschritte sieht der Präsident bei Projekten der Informationstechnik. Das Land pumpe Millionen-Beträge in nicht funktionierende Computer-Programme. Allein 13 Millionen Euro flossen seit 1992 in die Entwicklung des bundesweiten automatisierten Besteuerungsverfahrens FISCUS, bisher ohne Effekt. Weitere 9,6 Millionen werden bis 2006 fällig. Der 1952 gebildete Landesrechnungshof ist eine unabhängige Landesbehörde, die bei Verdacht auf Verschwendung oder Unregelmäßigkeiten aktiv wird. Die Verwaltungen müssen ihm die nötigen Unterlagen vorlegen. Jährlich wird über die Ergebnisse dem Abgeordnetenhaus und dem Senat berichtet. Der Rechnungshof hat rund 260 Mitarbeiter und einen Etat von etwa 20 Millionen Euro. Der Präsident wird vom Parlament gewählt
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