nd-aktuell.de / 25.11.2003 / Politik

Keine Ehre für Horst-Eberhard Richter

Gießener CDU stößt sich an Friedensengagement

Thomas Klein, Wiesbaden
Nach monatelangem Parteienstreit scheiterte die von der SPD-Fraktion im Gießener Stadtparlament vorgeschlagene Ehrenbürgerschaft für den renommierten Psychoanalytiker Prof. Horst-Eberhard Richter.
Mit ihrer knappen Koalitionsmehrheit verweigerten Ende letzter Woche CDU, FDP und die freie Wählergemeinschaft (FWG) die Zustimmung zu einem Antrag der Sozialdemokraten, den 80-jährigen Wissenschaftler zum Ehrenbürger zu erklären. Im Vorfeld der Entscheidung hatten insbesondere örtliche CDU-Politiker keinen Hehl daraus gemacht, dass sie sich an Richters friedenspolitischem Engagement und seinem Protest gegen den Irak-Krieg stoßen. Die Entscheidung gegen Richter werde den Ruf der mittelhessischen Universitätsstadt beschädigen, kritisierte die SPD-Politikerin Dietlind Grabe-Bolz. Richter habe für Gießen »Unvergleichliches geleistet«. Der Wissenschaftler und Autor zahlreicher Bücher baute u.a. ein Zentrum für Psychosomatik auf, das zu einem bundesweiten Modell wurde. Mehr als zehn Jahre lang arbeitete er außerdem mit Studenten in der Gießener Obdachlosensiedlung »Eulenkopf«. Ferner gehört er zu den Mitgründern der mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Organisation »Ärzte für Frieden und soziale Verantwortung« (IPPNW) und gilt seit Jahrzehnten als einer der bekanntesten Köpfe der deutsche Friedensbewegung. Kuriosität am Rande: Im CDU-regierten Frankfurt (Main) unweit von Gießen ist Richter im zurückliegenden Jahr wegen seines Eintretens für den Frieden ausgezeichnet worden. In der Begründung für die Verleihung der Goethe-Medaille hat der Frankfurter Magistrat dem international bekannten Wissenschaftler Folgendes ins Stammbuch geschrieben: »In seiner konsequent pazifistischen Grundhaltung hat sich Horst-Eberhard Richter als mahnende und weithin anerkannte Instanz etabliert. Sein Eintreten für eine verantwortliche und menschenwürdige Gesellschaft ist auch von politisch anders Denkenden stets geachtet und respektiert worden.«