Stoppschild an der Alster

Terrorgefahr: Straßensperren als Dauerzustand

  • Birgit Gärtner, Hamburg
  • Lesedauer: 2 Min.
Während die anderen Parteien Hamburg vor allem mit Pöstchenschiebereien beschäftigt sind, hat Innensenator Dirk Nockemann (Schill-Partei) die Gunst der Stunde genutzt: Er versetzte Teile der Hansestadt in den Ausnahmezustand.
Nach den Anschlägen auf US-amerikanische und britische Einrichtungen in Istanbul in der vergangenen Woche wird verstärkt über die Terrorgefahr in Deutschland diskutiert. Diese Gelegenheit ließ der Hamburger Innensenator Dirk Nockemann nicht ungenutzt verstreichen: Vor dem USA-Konsulat und der diplomatischen Vertretung Großbritanniens sowie vor dem türkischen Konsulat gilt jetzt Alarmstufe Rot. 30 zusätzliche Polizeibeamte wurden für den Rundumschutz der drei Gebäude abgestellt. Bewaffnet mit Maschinenpistolen sind sie im Umkreis von etwa 300 Metern der diplomatischen Vertretungen postiert. Schon seit dem 11. September 2001 ist die Straße an der Alster vor dem USA-Konsulat für Autos gesperrt. Seit einigen Tagen heißt es auch für Fußgänger und Radfahrer: »Durchgang verboten«. Damit wird der beliebte Wanderweg rund um die Alster unterbrochen, die Reaktionen der Passanten sind entsprechend ungehalten. Wenn die Beschäftigten des USA-Konsulats nicht sicher seien, dann müsse das Konsulat geschlossen werden und nicht der Wanderweg, empfahl eine Joggerin im »Hamburger Abendblatt«. Andere bezweifeln die Verhältnismäßigkeit der Absperrung gemessen an der realen Gefahr. Wie lange diese Sicherheitsmaßnahme dauern soll, ist ungewiss. Die Straßensperre für den Autoverkehr ist inzwischen zur Normalität geworden, ebenso wie die zahlreichen Ermittlungsverfahren und die Al-Qaida-Prozesse. Das Durchgangsverbot für Fußgänger wird es sicher bald auch sein. Schnell gerät so in Vergessenheit, dass es einmal anders war. Kaum jemand denkt noch daran, dass im September 2001 ein ganzer Tross von FBI-Agenten die Regentschaft über die polizeilichen Ermittlungen übernahm, nachdem publik geworden war, dass die vermeintlichen Todespiloten in Hamburg gelebt haben sollen. »Es ist nicht bekannt, ob die Beamten inzwischen in die USA zurückgekehrt sind«, erklärte der Hamburger Anwalt Josef Gräßle-Münscher gegenüber dem ND. »Niemand fragt danach und sie selber sind an Öffentlichkeitsarbeit nicht interessiert.«
Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal