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Preiswerte Symphoniker

Struktur und Auslastung sind Argumente für Erhalt

  • Susanne Lenze
  • Lesedauer: 2 Min.
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit hat am Montag in einem Zeitungsinterview das endgültige Aus für die Berliner Symphoniker erklärt. Der Verein Berliner Symphoniker e.V. ist ebenso wie Intendant Jochen Thärichen der Auffassung, dass der Klangkörper das »preiswerteste und sozial engagierteste Orchester der Stadt« ist. Mit seinen Streichergruppen, Blech- und Holzinstrumenten spielte es 2003 in etwa 150 Schulen, im vergangenen Jahr besuchte es sogar 190 Schulen, unter dem Motto »klingende Klassenzimmer«. Die Musiker arbeiten mit Schülern in Workshops zusammen, bieten Familienkonzerte und Nachwuchsförderung sowie ermäßigte Karten für soziale Einrichtungen und Abonnements für Arbeitslose an. Die Konzerte sind zu 80 Prozent ausverkauft. Der Verein hat eine sehr schlanke Verwaltung mit einem Intendanten und zwei und einer halben Verwaltungsstelle. »Vergleichsweise arbeiten in der Berliner Philharmonie über 100 Menschen in der Verwaltung«, sagte Thärichen. Das kleinste Orchester Berlins mit seinen 52 Musikern (1993 waren es noch 71) hat auch nach Ansicht der Vorsitzenden des Kulturausschusses, Alice Ströver (Grüne), eine Struktur mit Zukunft - wegen des hohen Grades an Auslastung und eines hohen Anteils Eigeneinnahmen am Etat. Das Einspielergebnis liegt mit 19 Prozent über dem Bundesdurchschnitt von 12 Prozent. Zudem verzichten die Musiker seit Jahren auf ein 13. Monatsgehalt. Über die finanzielle Unterstützung der Symphoniker 2004 und deren Weiterbestehen wird nach Aussagen des Kulturausschusses erst im Januar beraten. Denn durch das Urteil des Landesverfassungsgerichts, den Berliner Etat für nichtig zu erklären, ist selbst die im Sommer vom Senat beschlossene Kürzung der Unterstützung der Symphoniker von 3,3 Millionen auf 2,3 Millionen hinfällig und jetzt jede Zuwendung wieder offen. Klar ist jedoch für den Kulturausschuss und nach Interpretation des Gerichtsurteils von Prof. Michael Kloepfer, geschäftsführender Direktor der Fakultät für Rechtswissenschaften an der Humboldt-Universität, dass die Struktur des Symphonikervereins beispielgebend für zukunftsorientierte Fördermodelle ist. Trotz dieser klaren wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Linie bereitet Thärichen die Absicht einer Schließung Sorge. »Die Vernichtung der Symphoniker ist kulturpolitisch katastrophal, sozialpolitisch verantwortungslos und schafft neue Arbeitslose.« Über 35 der Musiker seien über 40 Jahre alt, sie würden nach der Schließung wahrscheinlich keine Arbeit finden, sagte Thärichen. Gegen den Senatsbeschluss wurden bereits etwa 60000 Unterschriften gesammelt. Die Symphoniker wollen kämpfen; am 20. Januar ist ein Solidaritätskonzert an der Universität der Künste geplant.
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